Hohe Energiepreise bringen Vermieter und Mieter in Bedrängnis

Selbst wenn Sie als Mieter freiwillig an der warmen Dusche sparen, auf ein entspannendes Bad verzichten oder ihre Raumtemperatur im Wohnzimmer verzichten, ohne Warmwasseraufbereitung ist eine Wohnung auf Dauer praktisch unbewohnbar.

Darf der Vermieter die Heizung einfach abstellen, um Gas zu sparen?

Auf diese Frage hatte das Amtsgericht Frankfurt a. M. (Urteil vom 26.07.2022 – Az.: 33 C 2065/22) kürzlich eine eindeutige Antwort.

Ein Vermieter in Frankfurt am Main hatte im Juli 2022, aufgrund einer drohenden Preissteigerung, die Gasheizung des Hauses komplett abgestellt. Mit der Folge, dass die Mieterinnen plötzlich ganz unfreiwillig ohne jegliche Warmwasserversorgung auskommen mussten.

Hiergegen erwirkten die Klägerinnen eine einstweilige Verfügung vor dem Amtsgericht, woraufhin der Vermieter seinerseits Widerspruch gegen dieselbige einlegte. Er argumentierte damit, dass er die Mieterinnen vor einer unerwartet hohen Nebenkostenabrechnung schützen wolle. Das Amtsgericht konnte er mit diesem Argument nicht überzeugen.

Der Anspruch der Klägerinnen ergebe sich, so führt das Gericht aus, bereits aus dem geschlossenen Mietvertrag (§ 535 BGB). An der vertraglichen Verpflichtung des Vermieters, eine bewohnbare Wohnung zur Verfügung zu stellen, würde auch eine Preissteigerung nichts ändern.

Zudem hätten die Mieterinnen einen Abwehranspruch aus Besitz (§§ 861, 862 BGB). In der Unterbrechung der Warmwasserzufuhr sei eine Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht zu sehen. Dem Vermieter stünde es frei, künftig eine höhere Vorauszahlung zu verlangen, eine finanzielle Sicherung des Vermieters durch zwangsweises Drosseln bzw. Abschalten des Verbrauchs sei hingegen unzulässig.

 Dürfen Sie als Vermieter unterjährig die Vorauszahlungen anpassen?

Das  Amtsgericht musste in dem entschiedenen Fall dazu keine Stellung nehmen. In der Praxis ist das aber eine sehr aktuelle Frage!

Häufig erhalten wir in der täglichen Anwaltspraxis Anfragen wegen unterjähriger Anpassung der Vorauszahlungsraten durch den Vermieter, der diese mit extremen plötzlichen Energiepreissteigerungen begründet.

Ob Vermieter in solchen Situationen rechtmäßig handeln, ist gerichtlich noch nicht abschließend entschieden. Die juristische Fachliteratur (Zehelein NZM 16/2022, 593) zeigt weitgehend Verständnis für diese Handlungsoption von Vermietern, zumal diese ansonsten teilweise zur Vorfinanzierung der vom Mieter in jedem Fall letztlich zu tragenden Energiekostensteigerung Fremdkapital aufnehmen müssten.

Welche Optionen haben Sie als Mieter?

  • gegenüber dem Vermieter

Ungeachtet der rein rechtlichen Frage, ob und in welchem Umfang Vermieter einseitig vertragliche Vereinbarungen kurzfristig ändern dürfen, muss sich der Mieter seinerseits fragen, ob es wirklich sinnvoll ist, sich komplett gegen eine unterjährige Erhöhung der Vorauszahlungen durch den Vermieter zu wehren. Denn Letztlich kommt das „dicke Ende“ mit der Jahresendabrechnung und ist dann in einem Betrag fällig.

Wir raten Ihnen daher: Gehen Sie frühzeitig auf ihren Vermieter zu und suchen Sie das Gespräch, um eine sinnvolle Einigung für beide Parteien zu finden. Meist liegt diese in einer zwar unterjährigen, aber moderaten Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen

  • gegenüber dem Gasversorger

Was wenn der Gasversorger die Preise erheblich erhöht?

Leider gibt es in diesen Fällen keine wirklich gute Handlungsoption.

  • Die Erhöhung kann nicht verhindert werden.
  • Sie haben ein Sonderkündigungsrecht gegenüber dem Energieversorger, aber das hilft im Ergebnis wenig, da bei einem Anbieterwechsel mit ähnlich hohen Energiepreisen zu rechnen ist.

Fazit: Was raten wir Ihnen?

Die Gesamtsituation ist für Mieter wie für Vermieter momentan auf Grund der hohen Energiepreise schwierig. Gerne würden wir Ihnen rechtliche Lösungen bieten, aber tatsächlich ist in dieser Ausnahmesituation eine menschliche Verständigung unter den Vertragsparteien vorzugswürdig. Das Recht an sich muss letztlich im Streitfall gerichtlich durchgesetzt werden können und allein die momentanen gerichtlichen Verfahrensdauern von 1 bis 1,5 Jahren bringen für Mieter wie für Vermieter nicht die erforderlichen schnellen Problemlösungen.

 Einzige Ausnahme sind einstweilige Verfügungsverfahren: Diese kommen aber nur in dringenden Eilfällen in Betracht, also beispielsweise im vom Amtsgericht Frankfurt a. M. entschiedenen Fall in Betracht oder wenn ihr Vermieter einen anderen, unzumutbaren „pfiffigen“ Energiesparplan umsetzen will, der Ihnen die Nutzung der Wohnung faktisch stark erschwert oder unmöglich macht.

Ihr Team der Kanzlei KAPPUS & BOHNE

Ein echter Aufreger? – OLG Frankfurt zu Nutzungsentschädigung bei Kollision mit Porsche

Liebe Mandantinnen und Mandanten,

es war einer der Aufreger der letzten Wochen und Sie haben es sicherlich der Presse entnommen; die Schlagzeile lautete eigentlich immer gleich: Porsche-Fahrer verlangt für das Fahren mit einem Ford Entschädigung. Unterschwelliger Vorwurf war natürlich, dass sich „der gehobene Herr“ wohl zu fein für die Nutzung eines Mittelklassewagen sei. Dabei zeigt sich bei genauerem Hinsehen, dass der Fall – zumindest in der rechtlichen Bewertung – wenige Neuigkeiten, aber dennoch einige altbekannte Schwierigkeiten bereithält.

Aus juristischer Sicht stellt man schnell fest, dass das Urteil des OLG Frankfurt am Main (Az. 11 U 7/21) einer gefestigten Rechtsprechung folgt.

Der Kläger machte für den Ausfall seines Porsches nach einem Verkehrsunfall Nutzungsausfallentschädigung geltend. Er führte an, er habe zwar ein Motorrad und weitere vier PKWs, jedoch würden zwei davon von Familienmitgliedern genutzt und eines zu einem Rennfahrzeug umgebaut sein. Lediglich ein PKW der Marke Ford stünde ihm zur Verfügung. Dieser sei aber nicht für den Arbeitsweg geeignet, da er einerseits nur für Urlaubsfahrten und zum Transport schwerer Gegenstände angeschafft worden und zum anderen durch seine „Sperrigkeit“ auch nicht für den Innenstadtverkehr ausgelegt sei.

Das OLG erläutert noch einmal grundlegend die Position der Rechtsprechung zur Nutzungsausfallentschädigungsproblematik: Grundsätzlich sei auch der durch Wegfall der Nutzungsmöglichkeit entstandene Schaden zu ersetzen. Der Kläger solle auch nicht dadurch schlechter gestellt werden, dass er gerade keinen Ersatzwagen angemietet habe. Diese Ersatzpflicht entfalle jedoch, wenn der Einsatz eines Zweitwagens möglich und zumutbar sei.

Die Möglichkeit der Nutzung eines Zweitwagens bestand hier zweifelsfrei. Es blieb somit für das Gericht nur zu untersuchen, ob es dem Kläger auch zumutbar war, einen Ford im Innenstadtbereich zu fahren. Wenig überraschend kommt das Gericht dazu, dass die reine „Sperrigkeit“ und die Anschaffung als Urlaubs- und Lastenwagen nicht die Zumutbarkeit einschränken. Es verwehrt somit folgerichtig dem Kläger die Nutzungsausfallentschädigung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Porsche oder ein sonstiges Fahrzeug verunfallt ist, sondern allein auf die reale Nutzbarkeit und Zumutbarkeit eines Zweitfahrzeugs.

Lassen Sie sich bei Fragen rund um die Geltendmachung von Nutzungsausfallentschädigung gerne von unseren Anwälten beraten. Vor allem die genaue Angabe der Nutzung der auf Sie zugelassenen Fahrzeuge durch andere Familienmitglieder oder Bekannte ist hier von entscheidender Bedeutung.

Das neue Nachweisgesetz – Was ändert sich?

Kaum eine Gesetzesänderung ist in der Arbeitsrechtswelt derzeit präsenter und schneller durch den Gesetzgeber umgesetzt worden, als die Änderung des Nachweisgesetzes.

 

Die Schnelligkeit des Gesetzgebers ist kein Zufall, da die Frist zur Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen (2019/1152, sog. Arbeitsbedingungsrichtlinie) am 31.07.2022 abgelaufen ist. Aus diesem Grund hat der Bundestag am 23. Juni 2022 in seiner zweiten und dritten Lesung die Neuerungen des Nachweisgesetztes verabschiedet, welche zum 01.08.2022 in Kraft getreten sind.

 

Die EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen (2019/1152, sog. Arbeitsbedingungsrichtlinie) verfolgt das Ziel einer einheitlichen Unterrichtung der Arbeitnehmer über die wesentlichen Aspekten ihres Arbeitsverhältnisses. Hierdurch soll eine transparente und vorhersehbarere Beschäftigung gefördert werden und zugleich die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes gewährleistet werden.

 

Folgende Arbeitsbedingungen müssen künftig zusätzlich zu den bereits jetzt in § 2 NachweisG genannten Vertragsbedingungen aufgenommen werden:

  • der vertragliche Beginn und das konkrete Enddatum bei befristeten Arbeitsverhältnissen
  • die Möglichkeit, dass die Mitarbeiter ihren jeweiligen Arbeitsort frei wählen können, sofern vereinbart
  • die Dauer der Probezeit, sofern vereinbart
  • die Vergütung von Überstunden
  • die Fälligkeit des Arbeitsentgeltes und die Form, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird
  • die vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für die Schichtänderung
  • Einzelheiten zur Arbeit auf Abruf, falls diese vereinbart ist
  • die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
  • ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
  • im Grundsatz: Name und Anschrift des Versorgungsträgers der betrieblichen Altersversorgung, falls eine solche gewährt wird
  • das bei Kündigung einzuhaltende Verfahren, zumindest das Schriftformerfordernis, die Kündigungsfrist und die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
  • ein Hinweis auf die anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen

Eine der neuen Besonderheiten für Arbeitgeber ist in jedem Fall darin zusehen, dass der Arbeitgeber nun seinen Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses über das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung/Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Hinsichtlich des Wortlautes Kündigung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses herrscht in den Fachkreisen ein anhaltender Meinungsstreit, da die deutsche Sprachfassung der Richtlinie mit der Verwendung des Begriffs „Kündigung“ wohl zu eng gefasst ist, da in den meisten anderen Sprachen von dem unspezifischen Begriff „Beendigung“ die Rede ist.

 

Eine der tiefgreifendste Besonderheit der Neuerung für Arbeitgeber wird sein, dass gemäß § 4 NachwG die nicht erfolgte, nicht richtige oder nicht vollständige Unterrichtung eine Ordnungswidrigkeit darstellt, die mit einem Bußgeld bis zu 2.000,00 EUR geahndet werden kann.

 

Die absurdeste Regelung der Neuerung des Nachweisgesetzes kann vermutlich darin gesehen werden, dass weiterhin am Schriftformerfordernis festgehalten wird und dadurch die elektronische Form ausgeschlossen ist. Im digitalen Zeitalter ist die antike Forderung von handschriftlich unterschriebenen Arbeitsverträgen nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich hätte die Textform auch durch Übermittlung per E-Mail gewahrt werden können, jedoch hat sich der deutsche Gesetzgeber im Vergleich zu anderen Mitgliedsstaat explizit gegen diese Möglichkeit entschieden.

 

Hierbei ist jedoch zu beachten, dass das Schriftformerfordernis für den gesamten Arbeitsvertrag nur besteht, wenn der Arbeitgeber sich dazu entschieden hat, die vom Nachweisgesetz geforderten Informationen in den Arbeitsvertrag zu integrieren. Abweichend hiervon können Arbeitsverträge weiterhin digital mittels elektronischer Signatur abgeschlossen werden, wenn der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen separat vom Arbeitsvertrag dargestellt wird. Die strenge Schriftform gilt nur das Dokument, mit dem die Nachweispflicht erfüllt wird.

 

Bei weiteren Fragen und Anliegen stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit sehr gerne zur Verfügung.

Update Dieselskandal 1.0: Schadensersatz bei Neuwagenkäufen von EA189-Modellen noch möglich

Nachdem gedacht wurde, dass alle rechtlichen Fragen rund um die Schadensersatzansprüche betreffend die Dieselfahrzeuge mit dem berühmt-berüchtigten EA189-Motor schon beantwortet wurden und alle, die bisher noch nicht geklagt haben, aufgrund der Verjährung leer ausgehen würden, hat der Bundesgerichtshof („BGH“) am 21.02.2022 mit zwei Urteilen (Aktenzeichen: VIa ZR 8/21 und VIa ZR 57/21) wieder Leben in dieses Thema gebracht.

Der BGH als höchste Zivilinstanz in Deutschland hat nämlich entschieden, dass diejenigen Fahrzeugkäufer, die ihre Fahrzeuge mit dem EA189-Motor seinerzeit als Neufahrzeuge gekauft haben, den sogenannten „Restschadensersatzanspruch“ nach § 852 BGB geltend machen können und die Verjährung dieses Anspruchs erst 10 Jahre nach dem Schluss des Kaufvertrags droht.

 

§ 852 BGB betrifft den Anspruch des durch eine unerlaubte Handlung Verletzten gegen den Verletzer auf Herausgabe des Erlangten.

 

Was bedeutet das für Sie?

Wenn Sie also in der Zeit zwischen März 2012 und September 2015 ein damals neues Dieselfahrzeug der Marken VW, AUDI, SEAT oder SKODA mit einem 1,2 l, 1,6 l oder 2,0 l-Motor der Abgasnorm „EURO 5“ gekauft haben und bisher weder eine Einzelklage eingereicht, noch sich an der Musterfeststellungsklage gegen die VW AG beteiligt haben, können Sie nun mit guten Erfolgsaussichten Ihren Restschadensersatzanspruch geltend machen. Im Ergebnis bedeutet das, dass Sie die VW AG auf Erstattung des Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung im Hinblick auf die von Ihnen gefahrenen Kilometer verklagen können.

 

Achtung: Eile ist geboten!

Doch Sie müssen sich beeilen: Im Gegensatz zu einer Vielzahl anderer Ansprüche beginnt die Verjährungsfrist bezüglich des Restschadensersatzanspruchs nicht erst mit dem Schluss des Jahres, in welchem Sie von Ihrem Anspruch und dem Anspruchsgegner erfahren haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erfahren müssen, sondern mit dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs. Unter „Entstehung des Anspruchs“ wird im Abgasskandal der Zeitpunkt des Vertragsschlusses verstanden. Wenn Sie den Kaufvertrag mit der VW AG oder einem Autohändler also zum Beispiel am 04.04.2012 geschlossen haben, dann wird Ihr Restschadensersatzanspruch mit dem Ablauf des 04.04.2022 verjähren.

 

Der weitere Grund, warum Sie sich mit der Geltendmachung Ihres Anspruchs beeilen sollten, ist der Umstand, dass die Nutzungsentschädigung, die Sie sich von dem von Ihnen gezahlten Kaufpreis abziehen lassen müssen, umso größer wird, je länger Sie Ihr Fahrzeug benutzen bzw. je mehr Kilometer Sie zurücklegen.

 

Wir kümmern uns um Ihren Anspruch!

Als eine auf den Abgasskandal bereits seit 5 Jahren spezialisierte Anwaltskanzlei haben wir schon vielen Mandanten dabei geholfen, gegenüber diversen Automobilherstellern erfolgreich Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Wir würden uns daher freuen, auch Sie bei der Geltendmachung Ihrer Ansprüche rund um den Abgasskandal und im Besonderen Ihres Restschadensersatzanspruchs gegenüber der VW AG zu unterstützen. Bitte kontaktieren Sie uns!

Unbegleitete Probefahrt eines Kaufinteressenten birgt Risiken für Verkäufer

 

Unterschlagung eines Autos während Probefahrt durch vermeintlichen Kaufinteressenten

 BGH Urteil vom 18. September 2020 – V ZR 8/19

Der BGH hat  ganz aktuelle folgenden Fall entschieden:

Der Betreiber eines Autohauses (Kläger)überließ einem vermeintlicher Kaufinteressent  für eine unbegleitete Probefahrt von einer Stunde ein als Vorführwagen genutztes Kraftfahrzeug (Mercedes-Benz V 220 d) im Wert von 52.900 €.

Der Kaufinteressent hatte hochprofessionelle Fälschungen eines italienischen Personalausweises, einer Meldebestätigung einer deutschen Stadt und eines italienischen Führerscheins vorgelegt. Auf der Grundlage eines „Fahrzeug-Benutzungsvertrages“ händigte das Autohaus dem Kaufinteressnten Fahrzeugschlüssel, das mit einem roten Kennzeichen versehene Fahrzeug, das Fahrtenbuch und Fahrzeugscheinheft sowie eine Kopie der Zulassungsbescheinigung Teil I aus. Der vermeintliche Kaufinteressent kehrte mit dem Fahrzeug nicht mehr zu dem Autohaus zurück.

Kurze Zeit später kaufte die Beklagte das Fahrzeug, welches sie in einem Internetverkaufsportal gesehen hatte für 46.500 von dem Probefahrtflüchtigen.

DerBeklagten (Käuferin) wurden nach Zahlung des Kaufpreises das Fahrzeug, die Zulassungspapiere, ein passender sowie ein weiterer – nicht dem Fahrzeug zuzuordnender – Schlüssel übergeben. Die Käuferin erkannte keine Fälschung. Die Behörde lehnte eine Zulassung ab, da das Fahrzeug als gestohlen gemeldet war.

Das Autohaus, also der ursprüngliche Eigentümer Fahrzeugs verlangte mit der Klage von der späteren Käuferin, die das Fahrzeug im Internet gekauft hatte die Herausgabe des Fahrzeuges und des Originalschlüssels.

Die Käuferin verlangt im Wege der Widerklage vom Autohaus u.a. die Herausgabe der Original-Zulassungspapiere und des Zweitschlüssels.

Der Bundesgerichtshof kommt zu dem Ergebnis, dass nicht mehr das Autohaus der rechtmäßige Eigentümer des Fahrzeugs ist, sondern die spätere Käuferin.

 Das begründet der BGH wie folgt:

Das Autohaus hat das Eigentum an dem Fahrzeug verloren weil die spätere Käuferin das Fahrzeug aus dem Internet gutgläubig erworben hat. Dem steht § 935 BGB nicht entgegen, da das Fahrzeug dem Autohaus nicht abhandengekommen war.  Das Autohaus hat dem Probefahrer das Fahrzeug freiwillig herausgegeben, wenn auch auf Grund einer Täuschung.. Die Überlassung eines Kraftfahrzeuges durch den Verkäufer zu einer unbegleiteten und auch nicht anderweitig überwachten Probefahrt eines Kaufinteressenten für eine gewisse Dauer – hier eine Stunde – führt dazu, dass der Verkäufer den Besitz am Fahrzeug verliert und damit liegt durch den Kaufinteressenten rechtlich gesehen kein Diebstahl, sondern eine Unterschlagung vor.

Dies wiederum hat rechtlich zur Folge, dass von einem späteren Käufer das Fahrzeuggutgläubig erworben werden konnte. Folglich ist die spätere Käuferin Eigentümerin geworden und kann von dem Autohaus die Herausgabe der Original-Zulassungspapiere verlangen.

Fazit: Wenn Sie selbst ein Auto verkaufen, dann lassen Sie den Käufer niemals alleine eine Probefahrt machen, sondern begleiten diesen immer bei der Probefahrt.

 Pia Kappus

Fachanwältin für Verkehrsrecht

Dieselfahrverbot in Frankfurt

BGH-Grundsatzurteil zum Dieselskandal

Erfreuliche Nachrichten für unsere Mandanten und alle vom VW-Dieselskandal Betroffene

Der BGH hat in einem Grundsatzurteil einem Käufer eines gebrauchten VW Sharan, welcher mit dem Dieselmotor EA 189 ausgestattet war, das Recht zuerkannt, diesen an VW zurückzugeben gegen Erstattung des Kaufpreises. Er musste sich allerdings die von ihm gefahrenen Kilometer als Nutzungsentschädigung vom Kaufpreis abziehen lassen.
Dass der Käufer ein Softwareupdate hat durchführen lassen, war unschädlich.

Der BGH kam zu dem Schluss, dass VW den Käufer vorsätzlich sittenwidrig getäuscht hatte. Damit bestätigt der BGH die schon seit langem von uns vertretene Rechtsauffassung, nach der wir unsere Mandanten beraten und eine Vielzahl positiver Urteile erstritten haben.

Wenn Sie Fragen zum Dieselskandal, auch zu anderen Herstellern wie Mercedes und AUDI und anderen unzulässigen Abschalteinrichtungen, z.B. dem Thermofenster haben, wenden Sie sich gerne an unsere Kanzlei.

Pia-Alexandra Kappus | Michael Borik | Robert von Ascheraden

Landgericht Frankfurt a. M. erklärt die Hessische Mietpreisbremse für unwirksam

Mit Urteil vom 27.03.2018 erklärte das Landgericht Frankfurt am Main die im November 2015 verkündete Hessische Mietenbegrenzungsverordnung für unwirksam. Nach Auffassung des Gerichts hat das Land Hessen die Verordnung nicht entsprechend den Anforderungen des Bundesgesetzgebers begründet. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig, da Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen wurde. Somit hängt die sogenannte „hessische Mietpreisbremse“, von der immerhin 16 Kommunen in Hessen betroffen sind, in der Luft und die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Gerne stehen wir Ihnen bei Fragen rund um die „Mietpreisbremse“ und anderen mietrechtlichen Fragen zur Verfügung.

Wenn Tierliebe den Arbeitsplatz gefährden kann…

 

Das LAG Nürnberg,( Az.5 Sa 59/16 ) hatte zu dieser Thematik folgenden Fall zu entscheiden:

Als der Hund des Klägers einen Schlaganfall erlitt kontaktierte der Kläger seinen Arbeitgeber telefonisch und bat um einen Tag Urlaub. Der Arbeitgeber lehnte dies ab. Daraufhin kam der Kläger trotzdem nicht zur Arbeit und legte auch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für diesen Tag vor. Infolgedessen kündigte der Arbeitgeber innerhalb der Probezeit unter Einhaltung der Zweiwochenfrist. Der Kläger erhob rechtzeitig Kündigungsschutzklage und machte die Sittenwidrigkeit der Arbeitgeberkündigung geltend.

Eine der Schwierigkeiten des Falles für den Arbeitnehmer lag darin, dass er sich im Zeitpunkt der Kündigung noch in der Probezeit befunden hatte. Das Kündigungsschutzgesetz fand also noch gar keine Anwendung und der Arbeitgeber konnte auch ohne Angabe von Gründen kündigen. Allerdings gilt auch während der Probezeit zu Gunsten des Arbeitnehmers das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB.

Hierzu wäre, so das Gericht zumindest erforderlich gewesen, dass der Kläger dargelegt hätte, dass er dem Arbeitgeber nicht nur mitgeteilt hat, dass sein Hund erkrankt sei und ärztlicher Behandlung bedürfe, sondern dass er darüber hinaus explizit mitgeteilt hat, dass eine anderweitige Versorgung des Hundes wie z.B. durch seine Lebensgefährtin nicht möglich war. Darüber hinaus hätte der Kläger den Arbeitgeber informieren müssen, dass die medizinische Versorgung zwingend innerhalb der Arbeitszeit zu erfolgen habe und nicht außerhalb der Arbeitszeit möglich ist. Das alles konnte der Kläger im Prozess nicht beweisen mit der Folge, dass sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht die Kündigung für wirksam erklärt und der Kläger seinen Arbeitsplatz verloren hat.

In solchen Fällen ist vor allem zu raten, dass der Arbeitgeber immer umfassend informiert wird und diese Informationen auch möglichst durch Emails dokumentiert werden.

 

Pia-Alexandra Kappus

Fachanwältin für Arbeitsrecht

 

VW Abgasskandal – Rücktrittsrecht des Käufers

Der VW Abgasskandal hat zu einer Vielzahl verunsicherter VW Dieselfahrzeugbesitzer geführt, die am liebsten von ihrem Kaufvertrag zurücktreten möchten. Dass die betroffenen Fahrzeuge wegen der zu hohen Verbrauchswerte einen Mangel im rechtlichen Sinne aufweisen dürfte unstreitig sein. Problematisch, war bisher das erforderliche Nachbesserungsverlangen vor dem Rücktritt. Viele der betroffenen Mandanten haben das Vertrauen in VW und AUDI grundsätzlich verloren und wollen dem Hersteller eigentlich schon aus Prinzip keine Nachbesserungsmöglichkeit einräumen, sondern das Fahrzeug gleich ganz zurückgeben. Zudem war lange nicht klar nicht klar, wie lange die Entwicklung des erforderlichen Softwareupdates dauern werde und auf diese zeitliche Ungewissheit wollten sich viele Betroffene ebenfalls nicht einlassen.

Andererseits ist es für die anwaltliche Beratungssituation auch äußerst riskant gewesen einen Rücktritt zu erklären ohne vorheriges Nachbesserungsverlangen. Das könnte sich jetzt ändern, infolge zweier Urteile der 2. Kammer des Landgerichts Krefeld vom 14.09.2016 Az. O 72/16 und 2 O 83/16. Das Landgericht hat den jeweiligen Klägern des Recht auf Rückabwicklung der Kaufverträge jeweils eines Audi Pkw gegenüber dem beklagten Audi Vertragshändler zugestanden.

Die jeweiligen Kläger hatten im Zusammenhang mit dem VW Abgasskandal den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, ohne zuvor eine Frist zur Nacherfüllung gegenüber dem Vertragshändler gesetzt zu haben. Sie waren daraufhin vom Vertragshändler darauf verwiesen worden, dass der Hersteller Audi dabei sei, ein Software update für die Motoren zu entwickeln, mit deren mit dessen Hilfe die Mängel nach Auskunft von Audi behoben werden könnten. Die Kläger waren insoweit um Geduld gebeten worden. Die Kläger bestanden auf der Rückabwicklung und verlangten die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs abzüglich einer entsprechenden Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer.

Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld hat die Rücktritte der Kläger für wirksam erachtet. Das beklagte Autohaus wurde dazu verurteilt die betreffenden Fahrzeuge zurückzunehmen und im Gegenzug den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer an die jeweiligen Kläger zurückzuzahlen.

Die Kammer begründete ihre Urteile damit, dass es den klagenden Kunden nicht zumutbar sei, dem Vertragshändler die in solchen Fällen im Gesetz grundsätzlich vorgeschriebene Möglichkeit einer Nacherfüllung einzuräumen. Zum Zeitpunkt des Rücktritts, auf den es insoweit entscheidend ankommt, sei noch nicht klar gewesen ob die geänderte Software zur Motorsteuerung vom Kraftfahrtbundesamt genehmigt werde. Wann dies geschehen und wann die Fahrzeuge der Kläger nachgerüstet würden war ebenfalls nicht klar. Das Gericht sah darüber hinaus den die von den Klägern geäußerten Befürchtungen, das der Mangel trotzdem bestehen bleibe als nicht unbegründet an. Dieser Verdacht, so das Gericht, beruhe auf der Überlegung, warum der Hersteller nicht schon bei der Entwicklung der Motoren zu Erstellung einer entsprechenden Software in der Lage gewesen sei bzw. warum der Hersteller nicht schon viel früher, nämlich schon weit vor Bekanntwerden des Abgasskandals, die Entwicklung der in Aussicht gestellten Software vorangetrieben bzw. abgeschlossen habe. Außerdem, so hatten die Kläger vorgetragen gebe es einen Zielkonflikt zwischen günstigen Stickoxidwerten und günstigen Kohlendioxidwerten, so dass bei den Klägern als betroffenen Kunden der e Verdacht bestand, dass eine Verbesserung der Stickoxidwerte nur unter Inkaufnahme anderer Mängel bzw. Nachteile möglich sei. Diesen Verdacht sah das Landgericht Krefeld als berechtigt an.

Das Landgericht geht weiter davon aus, dass eine Nachbesserung durch den beklagten Vertragshändler dem Kunden auch deshalb nicht zumutbar sei, weil nicht der Händler über die Abgasreinigung des Fahrzeugs getäuscht habe, sondern vielmehr die Firma Audi und der VW-Konzern. Die Kläger müssten es nicht hinnehmen, dass faktisch derjenige als Erfüllungsgehilfe der Verkäuferin den Mangel beseitige, der die arglistige Täuschung begangen habe.

Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie ähnliche Probleme mit Ihrem Fahrzeug haben.

Allerdings ist mittlerweile zumindest für einige betroffene Fahrzeuge eine Software auf dem Markt die aufgespielt werden kann. Sobald klar ist, dass die Software keine Nachteile enthält und der Mangel dadurch abgestellt wird, dürften die Argumente des Landgerichts möglicherweise nicht mehr für einen Rücktritt ausreichen

Pia-Alexandra Kappus

Fachanwältin für Verkehrsrecht

Fachanwältin für Arbeitsrecht

 

 

 

Die Motorradsaison steht vor der Tür – Achtung beim Motorradfahren im Pulk

Rechtzeitig vor Beginn der Motorradsaison möchten wir Sie auf eine folgenreiche Entscheidung des OLG Frankfurt ( 22 U 39/14) hinweisen. Das OLG hatte sich mit einem Verkehrsunfall auseinanderzusetzen in den eineim Pulk fahrende Gruppe von Motorradfahrer involviert war. Ein Gruppenmitglied, welches an erster Stelle des Pulks fuhr kollidierte in einer Kurve mit einem entgegenkommenden Fahrzeug, was zu zwei Stürzen der hinter ihm befindlicher Motorradfahrer innerhalb der Gruppen führte. Die genauen Verursachungsbeiträge der einzelnen Motorradfahrer konnten nicht aufgeklärt werden. Es stellte sich die Frage ob derjenige, der als Zweiter in Pulk fuhr und zu Fall kam, von seinem ebenfalls gestürzten Hintermann, der in ihn hineinrutschte Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangen konnte. Das OLG verneint dies, weil es davon ausgeht, dass die Pulkmitglieder alle den erforderlichen Sicherheitsabstand untereinander nicht eingehalten haben und damit alle billigend in Kauf nahmen, dass entweder sie selbst oder ihr Hintermann bei einer Unfallsituation oder sonstigen Störung nicht ausreichend bremsen konnten. Das verabredete Fahren im Pulk sei deshalb besonders gefahrträchtig und führe daher zu einem gegenseitigen konkludenten Haftungsverzicht der Gruppenmitglieder untereinander.
Etwas anderes könnte allerdings gelten, wenn die Unfallverursachungsbeiträge der einzelnen Gruppenmitglieder in der Beweisaufnahme aufgeklärt werden kann.
Eine Klärung wird immer im Einzelfall herbeigeführt werden müssen, kontaktieren Sie uns in Ihrem Einzelfall gerne.

Pia-Alexandra Kappus
Fachanwältin für Verkehrsrecht Frankfurt
Fachanwältin für Arbeitssrecht Frankfurt