Hohe Energiepreise bringen Vermieter und Mieter in Bedrängnis

Selbst wenn Sie als Mieter freiwillig an der warmen Dusche sparen, auf ein entspannendes Bad verzichten oder ihre Raumtemperatur im Wohnzimmer verzichten, ohne Warmwasseraufbereitung ist eine Wohnung auf Dauer praktisch unbewohnbar.

Darf der Vermieter die Heizung einfach abstellen, um Gas zu sparen?

Auf diese Frage hatte das Amtsgericht Frankfurt a. M. (Urteil vom 26.07.2022 – Az.: 33 C 2065/22) kürzlich eine eindeutige Antwort.

Ein Vermieter in Frankfurt am Main hatte im Juli 2022, aufgrund einer drohenden Preissteigerung, die Gasheizung des Hauses komplett abgestellt. Mit der Folge, dass die Mieterinnen plötzlich ganz unfreiwillig ohne jegliche Warmwasserversorgung auskommen mussten.

Hiergegen erwirkten die Klägerinnen eine einstweilige Verfügung vor dem Amtsgericht, woraufhin der Vermieter seinerseits Widerspruch gegen dieselbige einlegte. Er argumentierte damit, dass er die Mieterinnen vor einer unerwartet hohen Nebenkostenabrechnung schützen wolle. Das Amtsgericht konnte er mit diesem Argument nicht überzeugen.

Der Anspruch der Klägerinnen ergebe sich, so führt das Gericht aus, bereits aus dem geschlossenen Mietvertrag (§ 535 BGB). An der vertraglichen Verpflichtung des Vermieters, eine bewohnbare Wohnung zur Verfügung zu stellen, würde auch eine Preissteigerung nichts ändern.

Zudem hätten die Mieterinnen einen Abwehranspruch aus Besitz (§§ 861, 862 BGB). In der Unterbrechung der Warmwasserzufuhr sei eine Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht zu sehen. Dem Vermieter stünde es frei, künftig eine höhere Vorauszahlung zu verlangen, eine finanzielle Sicherung des Vermieters durch zwangsweises Drosseln bzw. Abschalten des Verbrauchs sei hingegen unzulässig.

 Dürfen Sie als Vermieter unterjährig die Vorauszahlungen anpassen?

Das  Amtsgericht musste in dem entschiedenen Fall dazu keine Stellung nehmen. In der Praxis ist das aber eine sehr aktuelle Frage!

Häufig erhalten wir in der täglichen Anwaltspraxis Anfragen wegen unterjähriger Anpassung der Vorauszahlungsraten durch den Vermieter, der diese mit extremen plötzlichen Energiepreissteigerungen begründet.

Ob Vermieter in solchen Situationen rechtmäßig handeln, ist gerichtlich noch nicht abschließend entschieden. Die juristische Fachliteratur (Zehelein NZM 16/2022, 593) zeigt weitgehend Verständnis für diese Handlungsoption von Vermietern, zumal diese ansonsten teilweise zur Vorfinanzierung der vom Mieter in jedem Fall letztlich zu tragenden Energiekostensteigerung Fremdkapital aufnehmen müssten.

Welche Optionen haben Sie als Mieter?

  • gegenüber dem Vermieter

Ungeachtet der rein rechtlichen Frage, ob und in welchem Umfang Vermieter einseitig vertragliche Vereinbarungen kurzfristig ändern dürfen, muss sich der Mieter seinerseits fragen, ob es wirklich sinnvoll ist, sich komplett gegen eine unterjährige Erhöhung der Vorauszahlungen durch den Vermieter zu wehren. Denn Letztlich kommt das „dicke Ende“ mit der Jahresendabrechnung und ist dann in einem Betrag fällig.

Wir raten Ihnen daher: Gehen Sie frühzeitig auf ihren Vermieter zu und suchen Sie das Gespräch, um eine sinnvolle Einigung für beide Parteien zu finden. Meist liegt diese in einer zwar unterjährigen, aber moderaten Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen

  • gegenüber dem Gasversorger

Was wenn der Gasversorger die Preise erheblich erhöht?

Leider gibt es in diesen Fällen keine wirklich gute Handlungsoption.

  • Die Erhöhung kann nicht verhindert werden.
  • Sie haben ein Sonderkündigungsrecht gegenüber dem Energieversorger, aber das hilft im Ergebnis wenig, da bei einem Anbieterwechsel mit ähnlich hohen Energiepreisen zu rechnen ist.

Fazit: Was raten wir Ihnen?

Die Gesamtsituation ist für Mieter wie für Vermieter momentan auf Grund der hohen Energiepreise schwierig. Gerne würden wir Ihnen rechtliche Lösungen bieten, aber tatsächlich ist in dieser Ausnahmesituation eine menschliche Verständigung unter den Vertragsparteien vorzugswürdig. Das Recht an sich muss letztlich im Streitfall gerichtlich durchgesetzt werden können und allein die momentanen gerichtlichen Verfahrensdauern von 1 bis 1,5 Jahren bringen für Mieter wie für Vermieter nicht die erforderlichen schnellen Problemlösungen.

 Einzige Ausnahme sind einstweilige Verfügungsverfahren: Diese kommen aber nur in dringenden Eilfällen in Betracht, also beispielsweise im vom Amtsgericht Frankfurt a. M. entschiedenen Fall in Betracht oder wenn ihr Vermieter einen anderen, unzumutbaren „pfiffigen“ Energiesparplan umsetzen will, der Ihnen die Nutzung der Wohnung faktisch stark erschwert oder unmöglich macht.

Ihr Team der Kanzlei KAPPUS & BOHNE

Was wenn der Arbeitgeber dieses Jahr kein Weihnachtsgeld zahlt?

Das Weihnachtsfest und Silvester 2022 stehen vor der Tür.

2022 war ein Jahr geprägt von ökonomischen Krisen, von Krieg, von Öl- und Gasknappheit sowie von stark steigenden Preisen. Das verschärft die Bedeutung des Weihnachtsgeldes sowohl für Arbeitgeber, die wegen der hohen Energiekosten dringend Einsparpotential suchen, als auch auf Seite der Arbeitnehmer, die auf das Weihnachtsgeld warten, um die gestiegenen Kosten wenigstens teilweise kompensieren zu können.

Doch was gilt, wenn die Überweisung plötzlich ausbleibt oder nur die Kollegen eine Zahlung erhalten? Habe ich überhaupt einen Anspruch auf das häufig auch als „13. Gehalt“ bezeichnete Geld? Diese Frage beschäftigt die Arbeitsgerichte durch alle Instanzen jedes Jahr aufs Neue. So hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg (Urteil vom 22.02.2022, Az. 11 Sa 46/21) bereits im Februar 2022 einen Fall zu entscheiden, in dem einem langzeiterkrankten Arbeitnehmer kein Weihnachtsgeld ausgezahlt wurde.

Der Kläger, der in einem Betrieb mit sieben Arbeitnehmern seit dem Jahr 2003 beschäftigt war, machte Ansprüche auf Weihnachtsgeldzahlung für die Jahre 2018 bis 2020 geltend. Er war seit Dezember 2017 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Der Arbeitgeber hatte ihm von Beginn des Arbeitsverhältnisses an, also über 14 Jahre hinweg, vorbehaltlos Weihnachtsgeld gewährt. Im Jahr 2017 enthielt die Überweisung das erste Mal den Zusatz „freiwillig“ und im darauffolgenden Jahr 2018 blieb die Zahlung ganz aus.

Die Vorinstanz, das Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen, hat der Klage teilweise stattgegeben und dem Arbeitnehmer den überwiegenden Weihnachtsgeldanspruch zugesprochen. Dazu führte es in seinem Urteil aus, dass eine über den vertraglich vereinbarten Lohn hinausgehende Sonderzahlung den Arbeitgeber bei regelmäßigem Gewähren dieser Gratifikation auch zu zukünftigen Zahlungen verpflichte. Dies folge schon aus den Grundsätzen der betrieblichen Übung. Eine betriebliche Übung entstehe gerade durch regelmäßige Zahlungen.

Das LAG hat die Klage in der Berufung abgewiesen und damit die Streichung des Weihnachtsgeldes durch den Arbeitgeber als berechtigt angesehen. Zwar geht auch das LAG im vorliegenden Fall von einer betrieblichen Übung des Arbeitgebers aus, weil er über viele Jahre hinweg an den Arbeitnehmer Weihnachtsgeld gezahlt hat. Daran ändert nach Auffassung des LAG auch der im Jahr 2017 erstmals aufgeführte Zusatz „freiwillig“ nichts. Eigentlich wäre der Arbeitgeber in einem solchen Fall zur Zahlung des Weihnachtsgeldes verpflichtet. Nach ständiger Rechtsprechung auch des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kann ein auf betrieblicher Übung basierender Anspruch nur durch eine Änderungskündigung oder individuelle Vereinbarung außer Kraft gesetzt werden. Für das LAG war vielmehr entscheidend, dass der Arbeitnehmer dauerhaft erkrankt war und deshalb seit 2018 keine Arbeitsleistung mehr erbracht hat. Im Arbeitsvertrag war die Auszahlung des Weihnachtsgeldes nicht an einen besonderen Zweck geknüpft wie etwa eine Halte-, Treue-, Sauberkeits- oder Freundlichkeitsprämie. Deshalb sei davon auszugehen, dass das Weihnachtsgeld allein als Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistung gewährt wurde. Diese Leistungen habe der Kläger infolge seiner fortgesetzten Arbeitsunfähigkeit eben gerade nicht erbracht, so dass er auch keinen Anspruch auf ein Weihnachtsgeld habe.

Ob das rechtlich richtig ist, wird des BAG demnächst im Verfahren 10 AZR 116/22 entscheiden. Es bleibt abzuwarten, ob die vom LAG vorgenommene Auslegung des Zwecks der Zahlungen durch den Arbeitgeber Bestand haben wird.

In den meisten Fällen, in welchen es Streit um das Weihnachtsgeld gibt, kommt es auf Ihren individuellen Arbeitsvertrag an und darauf, ob tarifvertragliche Regelungen gelten oder eine bestehende Betriebsvereinbarung im konkreten Einzelfall eingreift. Festzuhalten bleibt jedenfalls, dass der Arbeitgeber ein über Jahre gezahltes Weihnachtsgeld auch dann nicht so einfach „streichen“ kann, wenn er es als „freiwillig“ bezeichnet.

Es lohnt sich also stets, fachanwaltlichen Rat einzuholen, wenn auf Ihrer Gehaltsabrechnung das Weihnachtsgeld fehlt. Wir haben schon zahlreiche solcher Fälle bei Gericht erfolgreich vertreten und beraten Sie gern.

Wir wünschen Ihnen eine schöne Adventszeit und ein frohes Weihnachtsfest

Pia-Alexandra Kappus

Fachanwältin für Arbeitsrecht

BGH-Urteil zu Fitnessstudioverträgen: Sie bekommen Ihr Geld zurück!

Am 04. Mai 2022 hat der BGH ein lang ersehntes Urteil gesprochen. Endlich ist über die – auch in unserer Kanzlei viel diskutierte – Rechtsfrage entschieden worden, wie mit Fitnessstudiobeiträgen umzugehen ist, die in den Lockdown-Zeiten einfach weiterhin per SEPA-Lastschrift abgebucht oder anderweitig an die Studios geleistet wurden. In den allermeisten Fällen haben sich die Studios geweigert, die Beträge wieder zurückzuzahlen. Gestützt auf eine Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB boten die Studios ihren Kunden an, im Falle der Kündigung des Vertrags nach dem eigentlichen Auslaufdatum noch so lange kostenlos weiter trainieren zu dürfen, wie der Lockdown gedauert hatte. Selbstverständlich reagierten die Verbraucher darauf mit Unverständnis. Nun hat es einer der gerichtlich diskutierten Fälle bis zum BGH geschafft, der zugunsten der Verbraucher entschieden hat.

 

Wie sah der Sachverhalt aus, über den entschieden wurde?

Im vom BGH entschieden Fall hatte der Kläger mit dem Studio vor der Pandemie einen 2-jährigen Vertrag geschlossen, der auch bis zum Ende der Laufzeit Bestand hatte und dann vom Kläger gekündigt wurde. Das Studio musste aufgrund der Lockdown-Maßnahmen seine Türen vom 16. März bis 04. Juni 2020 schließen. Unmittelbar nachdem der erste Lockdown vorüber war, verlangte der Kläger die während dieses Zeitraums eingezogenen Mitgliedsbeiträge schriftlich wieder zurück. Das Studio war weder bereit, dieser Forderung nachzukommen, noch stellte es dem Kläger einen Wertgutschein aus. Lediglich eine „Gutschrift über Trainingszeit“ wurde dem Kläger zur Verfügung gestellt. Das Studio verhielt sich also nach dem oben beschriebenen Muster. Der Kläger war damit jedoch nicht einverstanden.

 

Wie wurde in den unteren Instanzen entschieden?

Sowohl das zuerst angerufene Amtsgericht, als auch das folgende Landgericht waren der Auffassung, dass das Studio die zu viel gezahlten Beiträge wieder zurückzahlen müsse. Das war jedoch nicht immer so. Einige andere Amts- und sogar auch Landgerichte vertraten die Gegenansicht. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Verbraucher das Pandemierisiko mitzutragen hätten und zeigten sich mit der Zeitgutschriftlösung einverstanden. Das Urteil des BGH wurde also sehnsüchtig erwartet, um den gerichtlich ausgefochtenen Streit um die Rechtsansichten final zu klären.

 

Wie wurde entschieden und welche Begründung lässt der BGH folgen?

Für den BGH steht fest, dass die Leistung der Fitnessstudios im Lockdown rechtlich unmöglich wäre, sodass die Verbraucher einen Rückzahlungsanspruch hätten. Insbesondere ist der BGH der Auffassung, dass § 313 BGB nicht erfüllt sei, sodass der Vertrag nicht verlängert werden könne. Dies liegt daran, dass § 313 BGB in Konkurrenz zu § 275 BGB steht, sodass ersterer nicht anwendbar sei, wenn die Voraussetzungen des Letzteren erfüllt seien. § 313 BGB wird dementsprechend nur als Ausnahmeregelung gesehen, wenn keine andere Vorschrift aus dem Leistungsstörungsrecht greife. Auch der neu eingeführte und speziellere Art. 240 § 5 EGBGB verdränge den Anwendungsbereich des § 313 BGB.

 

Was folgt daraus?

Durch die höchstrichterliche Entscheidung ist die Rechtslage nun völlig klar. Sollten Sie in der Lockdown-Phase Geld bezahlt haben, besteht ein Anspruch auf Rückzahlung der Mitgliedsbeiträge. Sie müssen sich auf keinerlei andere Angebote durch die Studios einlassen. Sollten Sie betroffen sein, zögern Sie nicht, uns Ihren Fall zu schildern. Wir helfen Ihnen zu Ihrem Recht!

Das Team der Kanzlei Poppe & Kappus

Bemerkenswerte Entscheidung des EuGH zum „Widerrufsjoker“

In seiner Entscheidung vom 09.09.2021 in der Rechtssache C-33/20, C-155/20, C-187/20, hat der Europäische Gerichtshof eine für Verbraucher praktisch sehr interessante Entscheidung zum Widerruf von Kreditverträgen getroffen.

Den Ausgangsverfahren lagen überwiegend Kreditverträge mit verschiedenen Banken aus der Automobilwirtschaft zugrunde. Mit seiner Entscheidung eröffnet der EuGH Verbrauchern die Möglichkeit, Kreditverträge auch nach Jahren noch zu widerrufen.  Der EuGH hielt an mehreren Stellen die Angaben in den Darlehensverträgen für nicht ausreichend mit der Konsequenz, dass die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt wurde. Die Richtlinie 2008/48/EG sieht nämlich in ihrem Art. 10 Abs. 2 vor, dass die Angaben im Kreditvertrag klar und prägnant sein müssen.

Die Richter in Luxemburg setzten sich dabei mit verschiedenen Klauseln auseinander, die das ,,Einfallstor‘‘ zu einem Widerrufsrecht für die Darlehensnehmer eröffneten:

 

Bezeichnungen ,,verbundener Kreditvertrag‘‘ und ,,befristet‘‘

Die Angabe ,,verbundener Vertrag‘‘ und ,,befristet‘‘ sind von wesentlicher Bedeutung und müssen als solche zwingend im Darlehensvertrag aufgenommen werden. Die Angaben seien von grundlegender Bedeutung für den Verbraucher, damit dieser von seinen Rechten und Pflichten tatsächlich Kenntnis nehmen kann.

 

Angabe von Verzugszinsen und deren Anpassungsmechanismus

Erforderlich ist ebenfalls die Angabe eines konkreten Verzugszinssatzes. Dem Verbraucher sollen durch die Angabe eines konkreten Verzugszinssatzes die Konsequenzen eines Zahlungsverzuges verdeutlicht werden. Auch im Hinblick auf den Anpassungsmechanismus von Verzugszinsen ist zumindest dessen Berechnungsmethode leicht verständlich auf dem Vertragsdokument anzugeben. Dem Durchschnittsverbraucher müsse es zumindest möglich sein den Verzugszinssatz berechnen zu können.

 

Vorfälligkeitsentschädigung

Die Angabe einer mathematischen Formel im Darlehensvertrag selbst ist nicht erforderlich. Allerdings muss der Verbraucher, was den Punkt der Vorfälligkeitsentschädigung betrifft, dahingehend unterrichtet werden, dass die Berechnungsmethode zumindest in einer leicht nachvollziehbaren Weise angegeben werden muss. Bei einer vorzeitigen Rückzahlung, soll die fällige Entschädigungshöhe zumindest berechnet werden können.

 

Einwand der Verwirkung

Bei unklaren Angaben im Darlehensvertrag kann sich die Gegenseite nicht auf den Einwand der Verwirkung berufen. Die Widerrufsfrist beginnt erst mit Aushändigung sämtlicher Informationen, die in den Kreditverträgen anzugeben sind. Bei Nichterfüllung der Voraussetzungen, kann keine zeitliche Beschränkung zur Ausübung des Widerrufsrechts durchgreifen.

 

Einwand des Rechtsmissbrauchs

Um Kreditgeber vor unklaren Angaben im Kreditvertrag gegenüber Verbrauchern abzuschrecken, ist ihnen ebenfalls verwehrt, sich auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs gegenüber dem Verbraucher zu berufen. Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ist gerade, dass sich der Verbraucher -nach Erhalt sämtlicher Informationen- einen seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auswählen könne.

 

Angabe über außergerichtliche Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren

Zur Erzielung eines hohen Verbraucherschutzniveaus ist es erforderlich, dass dem Verbraucher auch alle Informationen hinsichtlich außergerichtlicher Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren erteilt werden. Zwar müssten nicht sämtliche Verfahrensvorschriften angegeben werden, jedoch muss der Vertrag über die wesentlichen Informationen des Verfahrens, wie Möglichkeiten, Kosten, Formerfordernisse und Fristen belehren.

 

Damit hat der EuGH mit seiner Entscheidung den Umfang des Widerrufsrechts bei Verbraucherkreditverträgen erheblich erweitert. Einige nationale Obergerichte, wie das OLG Stuttgart (Az. 6 U 32/19) und das OLG Frankfurt (Az: 23 U 44/19) haben die Entscheidung des EuGH bereits in ihrer Rechtsfindung mitberücksichtigt und folgen dem Standpunkt des EuGH. Abzuwarten bleibt, ob sich auch das oberste deutsche Zivilgericht, der BGH, durch die Entscheidung des EuGH umstimmen lässt. Die vom EuGH statuierten Grundsätze, lassen sich eventuell nicht nur auf Kreditverträge im Rahmen der Automobilwirtschaft anwenden, sondern könnten auch in anderen Bereichen relevant sein. In jedem Fall lohnt es sich somit, den eigenen Darlehensvertrag überprüfen zu lassen. Möglicherweise steht auch Ihnen noch ein Widerrufsrecht zu. Wir schauen gerne über Ihren Vertrag. Sprechen Sie uns hierzu gerne an!

 

Rechtsanwältin Sinem Bayar

Urteil zum Schadensersatzanspruch nach Weiterverkauf eines vom sogenannten Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Juli 2021 – VI ZR 575/20

Der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat hat das angefochtene Urteil bestätigt und die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Die Vorinstanzen haben zutreffend angenommen, dass die Beklagte die Klägerin durch das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit Abschalteinrichtung (Prüfstanderkennungssoftware) vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und ihr insoweit grundsätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs zusteht. Der Weiterverkauf des Fahrzeugs ließ diesen Schadensersatzanspruch nicht entfallen. Durch den Weiterverkauf trat der marktgerechte Verkaufserlös an die Stelle des im Wege der Vorteilsausgleichung herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs und war vom Schadensersatzanspruch abzuziehen.

( aus der Pressemitteilung des BGH vom 20.7.2021)

Ihr Multimediakontakt zu uns – Neu: Der Video Call

„In jeder Krise steckt eine Chance!“

Dieses Motto haben wir für uns in der Covid-19-Pandemie dahin interpretiert, dass wir uns entschlossen haben, unsere Bibliothek vollständig rundzuerneuern und Platz zu schaffen für die digitale Zukunft.

Wir verfügen jetzt über einen hochmodernen Multimedia-Raum und können Ihnen jederzeit auch Videokonferenzen und Videomeetings anbieten.

Im Arbeitsrecht beraten wir bereits jetzt Arbeitnehmer bundesweit im Zusammenhang mit Aufhebungsverträgen und Verhandlungen im Vorfeld von Kündigungen, sowie bei Kündigungsschutzklagen, Boni-Ansprüchen etc.

Die Beratung vereinfacht sich nunmehr durch die neuen Videomöglichkeiten.

Gerade im Arbeitsrecht ist es oft sehr wichtig, dass man einen persönlichen Kontakt herstellen kann, wenn es um wichtige Entscheidungen im Zusammenhang mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, einem Zeugnis, Fragen bei Fristen und Ruhenszeiten bei der Agentur für Arbeit und der Planung für die Neubewerbung geht.

Sprechen Sie unser Sekretariat gerne direkt darauf an, wenn Sie statt eines Telefontermins eine Videokonferenz wünschen.

Rettung vor Fahrverboten nach der neuen Bußgeldverordnung

Geschwindigkeitsmessungen mit dem Gerät Leivtec XV3 können fehlerhaft sein, lassen Sie Bußgeldbescheide nicht rechtskräftig werden!

Der Hersteller Leivtec in einer schriftlichen Mitteilung publik gemacht, dass ab sofort keine amtlichen Messungen mehr mit dem Gerät Leivtec XV3 durchgeführt werden sollten.

Offenbar sind bei Messungen im Rahmen durchgeführter Versuche mit diesem Gerät verschiedene Auffälligkeiten festgestellt worden. Unter anderem wurden wohl bei einer Messung eines Fahrzeugs mit zwei baugleichen Messgeräten vom Typ XV3 stark unterschiedliche Geschwindigkeitsmesswerte ermittelt. Es steht zu befürchten, dass sich die von der PTP bei den durchgeführten Versuchen festgestellten Auffälligkeiten zu Ungunsten der jeweiligen Betroffenen auswirken können.

Es ist aber davon auszugehen, dass staatlicherseits darauf reagiert wird und bis zur Klärung keine Messungen mehr mit diesem Gerät durchgeführt werden.

Bisher wurde das Messverfahren mit Leivtec XV3 als standardisiertes Messverfahren von den Gerichten behandelt. Davon kann jetzt aber nicht mehr ausgegangen werden.

Wir sind der Auffassung, dass in allen noch laufenden Verfahren Fällen der Messung mit diesem Gerät eine Einstellung der Verfahren erfolgen muss und dafür werden wir uns in den von uns bearbeitenden Fällen einsetzen.

Wir empfehlen Ihnen in allen Fällen, in denen die Messung mit diesem Gerät durchgeführt wurde, gegen Bußgeldbescheide Einspruch einzulegen.

Melden Sie sich gerne bei uns, wir helfen Ihnen gerne.

 

Pia-Alexandra Kappus

Fachanwältin für Verkehrsrecht

Bei Reise des Arbeitnehmers in ein Risikogebiet und anschließende Quarantäneanordnung durch den Arbeitgeber. Muss der Arbeitgeber während der Quarantäne den Lohn fortzahlen?

 Zunächst soll klargestellt werden, dass es im hier geschilderten Fall nicht um eine gesetzlich verordnete Quarantäne nach dem Infektionsschutzgesetz ging, sondern um eine vom Arbeitgeber angeordnete Maßnahme.

Wenn der Arbeitnehmer hingegen behördlich angeordnet in eine Quarantäne geschickt wird, bekommt er seinen Lohn unproblematisch selbstverständlich fortgezahlt auch der Arbeitgeber wird über das Infektionsschutzgesetz entlastet.  Er kann über das Infektionsschutzgesetz Erstattung der Lohnfortzahlung die er an den Arbeitnehmer leistet, beanspruchen.

Im hiesigen Fall, der vor der Arbeitsgericht Dortmund entschieden wurde, war die Situation aber so, dass der Arbeitgeber aus eigenem Antrieb und nicht aus gesetzlichen Gründen einen bzw. mehrere Arbeitnehmer zum Schutz der sonstigen Belegschaft in Quarantäne geschickt hat.

Der Arbeitnehmer befand sich im März 2020 in einer Ferienwohnung mit Selbstverpflegung in Tirol (Österreich). Der Arbeitgeber forderte den Arbeitnehmer und seine Ehefrau, die ebenfalls beim Arbeitgeber beschäftigt war, auf sich zu melden, falls er sich in Österreich aufgehalten hätte. Ordnungsgemäß bestätigten der Arbeitnehmer und seine Ehefrau dies und wurden daraufhin vom Arbeitgeber in eine zweiwöchige häusliche Quarantäne geschickt, weil Tirol zu dem Zeitpunkt zu dem sich die Arbeitnehmer dort befunden haben als Risikogebiet vom RKI aufgelistet wurden waren. Beide Arbeitnehmer kamen dieser Aufforderung nach. Der Arbeitgeber verrechnete daraufhin die Arbeitszeit, die durch die ausgesprochene Quarantäneanordnung ausgefallen war mit entsprechenden Positivsalden der Arbeitnehmer auf deren Arbeitszeitkonten.

Hiergegen wehrten sich die Arbeitnehmer. Sie forderten zunächst ordnungsgemäß den Arbeitgeber zur Gutschrift der abgezogenen Stunden auf dem Arbeitszeitkonto auf und erhoben dann Klage beim Arbeitsgericht Dortmund als der Arbeitgeber dies ablehnte. Der Arbeitsnehmer hat sich dabei darauf berufen, dass die Quarantäne von zwei Wochen nicht behördlich angeordnet worden sei, sondern allein arbeitgeberseitig verhängt worden sei. Weiter wiesen die Arbeitnehmer daraufhin, das in dem Zeitpunkt als sie nach Tirol gefahren seien keine Einstufung des RKI als Risikogebiet vorgelegen habe. Außerdem habe der Arbeitgeber nicht berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer und seine Ehefrau in einer Ferienwohnung mit Selbstverpflegung in Tirol ihre Urlaubszeit verbracht hätten, sodass ohnehin kein erhöhtes Infektionsrisiko bestanden habe.

Dagegen hat der Arbeitgeber argumentiert, dass der Gesundheitsschutz der anderen Arbeitnehmer absoluten Vorrang habe und er dem Abreitnehmer daher nicht erlauben könne, in den zwei Wochen nach der Rückkehr aus einem Risikogebiet vor Ort zuarbeiten. Da der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung aber nicht anbieten könne, habe er auch keinen Anspruch auf den Arbeitslohn.

Das Arbeitsgericht Dortmund hat in diesem speziellen Fall dem Arbeitnehmer Recht gegeben. Im Falle einer Quarantäneanordnung, sodass Arbeitsgericht wird der Arbeitgeber nach den Grundsätzen der gesetzlichen Risikoverteilung nur dann von der Verpflichtung zur Zahlung der Vergütung freigestellt, wenn die zuständige Gesundheitsbehörde beispielsweise eine Betriebsschließung oder eine Quarantäne einzelner Arbeitnehmer anordne.

Das Arbeitsgericht ließ allerdings bewusst offen, ob dies in Fällen, in denen ein Arbeitnehmer sehendes Auges in ein Risikogebiet reist anders zu beurteilten sein könnte. Im vorliegendem Fall musste dies nicht entschieden werden, weil im Zeitpunkt des Reiseantritts Tirol kein Risikogebiet war.

 

Nicht erörtert wurde, ob der Arbeitgeber hier einen Homeoffice-Arbeitsplatz hätte schaffen müssen. Offenbar war dies in diesem Arbeitsverhältnis nicht möglich. In Arbeitsverhältnissen, in den dies möglich ist, wird man davon ausgehen können, dass Arbeitsgerichte dieses mildere Mittel dem Arbeitgeber aufgeben würden auch in Fällen in denen ein Arbeitnehmer beispielsweise aus dringenden familiären Gründen zu seiner Familie in ein Risikogebiet reist.

 

Wenn Sie Reise in Risikogebiete vorhaben, sollten Sie dies zunächst mit Ihrem Arbeitgeber besprechen und für den Fall, dass keine Lösung erzielt werden kann, jedenfalls anwaltliche Beratung eines Fachanwalts für Arbeitsrecht in Anspruch nehmen.

 

Pia-Alexandra Kappus

(Fachanwältin für Arbeitsrecht)

Zuversichtlich in ein Neues Jahr 2021

Liebe Mandanten und Kollegen,

nach einem Jahr, in dem wir große Herausforderungen
gemeistert haben, blicken wir zuversichtlich
auf 2021.
Wir wünschen Ihnen allen ein gesundes und positves
Neues Jahr, in dem wir wieder für Ihr Recht kämpfen werden.

Ihr Team der Kanzlei Poppe & Kappus

Advent, Advent…..

Wir wünschen Ihnen

eine besinnliche und

trotz aller momentanen Widrigkeiten

zuversichtliche Adventszeit.

Bleiben Sie gesund.

Ihr Team der Kanzlei Poppe & Kappus