Unsere ADAC- Vertragsanwältin berichtet live vom 63. Verkehrsgerichtstag in Goslar
Verkehrsgerichtstag in Goslar 2025
29.01. – 31.01.202
Jedes Jahr im Januar füllen sich die Straßen, Hotels und Tagungsstätten, des ansonsten beschaulichen ruhigen Goslar, mit Anzug- und Hutträgern, die meist in kleineren Gruppen zu den, über die ganze Stadt verteilten Tagungsorten eilen. Zum Eröffnungsvortrag am Donnerstag Morgen, in der wirklich beeindruckenden Kaiserpfalz, muss man sich allerdings beim Hotelfrühstück sputen, denn die Plätze in dem mittelalterlichen Prachtbau sind begrenzt. Wer gerne langsamer in einen anstrengenden Tagungstag startet kann die Eröffnungsveranstaltung auch bequem per Livestream im Hotelzimmer sehen. Ab 14.00 Uhr allerdings versammeln sich die stets weit über tausend, in diesem Jahr 1.900 Verkehrsexperten einschließlich der deutlich kleineren, allerdings jedes Jahr größer werdenden Teilmenge der Verkehrsexpertinnen, in Ihren Arbeitskreisen. Richter, Staatsanwälte, Sachverständige, Versicherungsexperten und Rechtsanwälte sprechen und streiten dort über aktuelle verkehrsrechtliche Probleme und deren Lösungen. Am Ende der dreitägigen Veranstaltung stehen die jeweiligen Empfehlungen der Verkehrsrechtsexperten zur Verbesserung der Verkehrs- und Rechtssicherheit. O und wenn ja, welche der Empfehlungen tatsächlich Gehör in Politik, Rechtsprechung und Gesellschaft finden, zeigt .sich meist allerdings erst Jahre später.
Unsere Expertin und Fachanwältin für Verkehrsrecht , sowie ADAC- Vertragsanwältin Pia-Alexandra Kappus gehörte dem Arbeitskreis V an
Hier finden Sie die Empfehlungen ausgewählter Arbeitskreise
AK 1
Cannabis-Missbrauch im Straßenverkehr
Die Erhöhung des THC-Grenzwertes birgt Gefahren für die Verkehrssicherheit und zahlreiche Probleme für die Arbeit von Polizei, Fahrerlaubnisbehörden und Begutachtungsstellen:
- Bezüglich des Mischkonsums von Cannabis incl. Medizinalcannabis und Alkohol sollte der Gesetzgeber im Straßenverkehrsgesetz eine Nulltoleranz festlegen, analog zu Fahranfängern.
- Der Arbeitskreis empfiehlt die Aufnahme des Mischkonsums (Cannabis und Alkohol) in die Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung (FEV) aufgrund der unvorhersehbaren Gefahren der Wechselwirkung.
- Der Arbeitskreis fordert eine zügige Anpassung der Begutachtungsleitlinien zum Thema Cannabis an die aktuellen wissenschaftlichen Standards, um die neue Realität des Freizeitkonsums abzubilden.
- Bei Ersttätern geht der Arbeitskreis von Cannabismissbrauch aus, wenn Zusatztatsachen vorliegen, die erwarten lassen, dass künftig nicht zwischen Konsum und Fahren getrennt wird. Diese Zusatztatsachen sind vom Gesetzgeber zu definieren. Sie können u.a. aus dem Konsummuster resultieren, dem Vortatgeschehen oder aus den Umständen des Tatgeschehens.
- Der Arbeitskreis fordert die Bundesregierung bzw. den Gesetzgeber dringend auf, die zeitnahe Entwicklung von verdachtsausschließenden Vortestmöglichkeiten hinsichtlich der verschiedenen aktuellen Grenzwerte zu unterstützen.
- Der Arbeitskreis begrüßt das Vorhaben des Gesetzgebers, bei Gefahrguttransporten THC-Nüchternheit festzulegen.
- Der Arbeitskreis fordert, zur nötigen Fortentwicklung der „Vision Zero“ die Aufklärungsmaßnahmen bezüglich der Risiken des Cannabiskonsums für die Verkehrssicherheit sowie der geltenden Rechtslage erheblich zu intensivieren.
AK 3
Hinterbliebenengeld und Schockschaden
- Es besteht Einigkeit im Arbeitskreis darüber, dass sich das im Jahre 2017 eingeführte Hinterbliebenengeld grundsätzlich bewährt hat. Es kann den betroffenen Hinterbliebenen die Verarbeitung des erlittenen Verlusts erleichtern.
- Der Arbeitskreis vertritt die Auffassung, dass im Falle einer eigenen psychischen Gesundheitsverletzung des Hinterbliebenen infolge der Tötung einer nahestehenden Person (Schockschaden) der Anspruch auf Hinterbliebenengeld im Anspruch auf Schmerzensgeld wegen des Schockschadens aufgeht. Folglich können nicht beide Ansprüche nebeneinander gewährt werden.
- Der Arbeitskreis hält das bisherige System der Bemessung des Hinterbliebenengeldes im Einzelfall für richtig, sodass eine gesetzliche Festlegung bestimmter Beträge nicht für sinnvoll erachtet wird.
- Der bisher in der Praxis als Orientierungshilfe der Bemessung eines Hinterbliebenengeldes dienende Betrag von 10.000 € erscheint dem Arbeitskreis angemessen.
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AK 5
Kfz-Schadensgutachten: Gut ist nicht genug!
- Mit Blick auf das jährliche Gesamtvolumen bei Schadensfällen mit Fahrzeugen in Höhe von über 30 Mrd. Euro und die Komplexität heutiger Fahrzeuge hält der Arbeitskreis unter Berücksichtigung der Verkehrssicherheit und des Verbraucherschutzes eine hohe Qualität in der Schadenfeststellung für unverzichtbar.
- Hierzu wiederholt der Arbeitskreis mit Nachdruck die bereits auf den Verkehrsgerichtstagen 1985, 2003 und 2012 aufgestellte Forderung an den Gesetzgeber, eine Berufsordnung für Sachverständige für Kraftfahrwesen und Straßenverkehr, insbesondere für Fahrzeugschäden und -bewertung zu schaffen.
- Mit der Richtlinie VDI-MT 5900 Blatt 2 werden erstmals allgemein anerkannte Mindestanforderungen an die Ausbildung und Qualifikation von Sachverständigen für Kfz-Schäden und -Bewertung sowie die Berufsausübung definiert. Diese Richtlinie stellt aus Sicht des Arbeitskreises die geeignete Grundlage für die Ausbildung und Qualifizierung der Sachverständigen sowie für die Gesetzgebung dar. Daher wird der Gesetzgeber aufgefordert, bei der Novellierung des Kraftfahrsachverständigengesetzes die Richtlinie VDI-MT 5900 zu berücksichtigen.
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AK 6
Fußgänger im Straßenverkehr – Opfer oder Täter?
Der Fußverkehr ist zu stärken und als gleichberechtigte Verkehrsart anzuerkennen. Die Attraktivität des Fußverkehrs ist zu steigern.
Die Anzahl der Unfälle mit Fußgängern muss deutlich gesenkt werden („Vision Zero“). Zur Erreichung dieser Ziele fordert der Arbeitskreis VI die zuständigen Stellen auf:
Ø ausreichende Flächen für den Fußverkehr bereit zu stellen,
Ø durchgängige und barrierefreie Fußwegenetze zu errichten und dabei einen sicheren und selbsterklärenden Verkehrsraum zu schaffen,
Ø sichere Querungen dort, wo offenkundiger Bedarf dafür besteht, einzurichten,
Ø das Parken an Querungsstellen und in Sichtfeldern zu unterbinden,
Ø Fuß- und Radwege möglichst voneinander zu trennen, insbesondere innerorts,
Ø Fußgängerzonen möglichst nicht für andere Verkehrsteilnehmer freizugeben,
Ø längere Querungszeiten und getrennte Grünphasen für Fußgänger und Abbiegeverkehr (konfliktfreie Ampelschaltung) zu schaffen,
Ø Assistenz- und Schutzsysteme in Kraftfahrzeugen stetig weiterzuentwickeln und verpflichtend anzuwenden, z.B. Systeme, die Fußgänger erkennen und selbst aktiv bremsen können sowie
Ø die Kontrolldichte und das Sanktionsniveau zu erhöhen sowie Regelverstöße konsequent zu ahnden.
Der Arbeitskreis würdigt die Bemühungen des Bundes und der Länder, den Handlungsspielraum der Kommunen im Straßenverkehrsrecht zu erweitern. Dennoch wird die Bundesregierung aufgefordert, diesen auch für präventive Verkehrssicherheitsmaßnahmen zu öffnen, insbesondere bei Geschwindigkeitsbegrenzungen. Der besondere Gefährdungsnachweis in § 45 Abs. 9 S. 3 StVO ist zu überdenken. Zudem wird der Gesetzgeber aufgefordert, den Vorrang des Fußverkehrs in § 9 Abs. 3 S. 3 StVO zu stärken und zu verdeutlichen. Die Fußverkehrsstrategie ist zu einem Nationalen Fußverkehrsplan weiterzuentwickeln.
Für die Sicherheit des Fußverkehrs sind Regelkenntnis und -verständnis bei allen Verkehrsteilnehmern zu erhöhen. Kampagnen sowie die haupt- und ehrenamtliche Präventionsarbeit sind zu fördern.
Die Empfehlungen der weiteren Arbeitskreise 2,4,7 und 8 finden Sie auf der Homepage des VGT
https://vgt.lineupr.com/63-vgt-2025/sponsors
Live dabei war unsere Unsere Expertin und Fachanwältin für Verkehrsrecht , sowie ADAC- Vertragsanwältin Pia- Alexandra Kappus.