Hohe Energiepreise bringen Vermieter und Mieter in Bedrängnis

Selbst wenn Sie als Mieter freiwillig an der warmen Dusche sparen, auf ein entspannendes Bad verzichten oder ihre Raumtemperatur im Wohnzimmer verzichten, ohne Warmwasseraufbereitung ist eine Wohnung auf Dauer praktisch unbewohnbar.

Darf der Vermieter die Heizung einfach abstellen, um Gas zu sparen?

Auf diese Frage hatte das Amtsgericht Frankfurt a. M. (Urteil vom 26.07.2022 – Az.: 33 C 2065/22) kürzlich eine eindeutige Antwort.

Ein Vermieter in Frankfurt am Main hatte im Juli 2022, aufgrund einer drohenden Preissteigerung, die Gasheizung des Hauses komplett abgestellt. Mit der Folge, dass die Mieterinnen plötzlich ganz unfreiwillig ohne jegliche Warmwasserversorgung auskommen mussten.

Hiergegen erwirkten die Klägerinnen eine einstweilige Verfügung vor dem Amtsgericht, woraufhin der Vermieter seinerseits Widerspruch gegen dieselbige einlegte. Er argumentierte damit, dass er die Mieterinnen vor einer unerwartet hohen Nebenkostenabrechnung schützen wolle. Das Amtsgericht konnte er mit diesem Argument nicht überzeugen.

Der Anspruch der Klägerinnen ergebe sich, so führt das Gericht aus, bereits aus dem geschlossenen Mietvertrag (§ 535 BGB). An der vertraglichen Verpflichtung des Vermieters, eine bewohnbare Wohnung zur Verfügung zu stellen, würde auch eine Preissteigerung nichts ändern.

Zudem hätten die Mieterinnen einen Abwehranspruch aus Besitz (§§ 861, 862 BGB). In der Unterbrechung der Warmwasserzufuhr sei eine Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht zu sehen. Dem Vermieter stünde es frei, künftig eine höhere Vorauszahlung zu verlangen, eine finanzielle Sicherung des Vermieters durch zwangsweises Drosseln bzw. Abschalten des Verbrauchs sei hingegen unzulässig.

 Dürfen Sie als Vermieter unterjährig die Vorauszahlungen anpassen?

Das  Amtsgericht musste in dem entschiedenen Fall dazu keine Stellung nehmen. In der Praxis ist das aber eine sehr aktuelle Frage!

Häufig erhalten wir in der täglichen Anwaltspraxis Anfragen wegen unterjähriger Anpassung der Vorauszahlungsraten durch den Vermieter, der diese mit extremen plötzlichen Energiepreissteigerungen begründet.

Ob Vermieter in solchen Situationen rechtmäßig handeln, ist gerichtlich noch nicht abschließend entschieden. Die juristische Fachliteratur (Zehelein NZM 16/2022, 593) zeigt weitgehend Verständnis für diese Handlungsoption von Vermietern, zumal diese ansonsten teilweise zur Vorfinanzierung der vom Mieter in jedem Fall letztlich zu tragenden Energiekostensteigerung Fremdkapital aufnehmen müssten.

Welche Optionen haben Sie als Mieter?

  • gegenüber dem Vermieter

Ungeachtet der rein rechtlichen Frage, ob und in welchem Umfang Vermieter einseitig vertragliche Vereinbarungen kurzfristig ändern dürfen, muss sich der Mieter seinerseits fragen, ob es wirklich sinnvoll ist, sich komplett gegen eine unterjährige Erhöhung der Vorauszahlungen durch den Vermieter zu wehren. Denn Letztlich kommt das „dicke Ende“ mit der Jahresendabrechnung und ist dann in einem Betrag fällig.

Wir raten Ihnen daher: Gehen Sie frühzeitig auf ihren Vermieter zu und suchen Sie das Gespräch, um eine sinnvolle Einigung für beide Parteien zu finden. Meist liegt diese in einer zwar unterjährigen, aber moderaten Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen

  • gegenüber dem Gasversorger

Was wenn der Gasversorger die Preise erheblich erhöht?

Leider gibt es in diesen Fällen keine wirklich gute Handlungsoption.

  • Die Erhöhung kann nicht verhindert werden.
  • Sie haben ein Sonderkündigungsrecht gegenüber dem Energieversorger, aber das hilft im Ergebnis wenig, da bei einem Anbieterwechsel mit ähnlich hohen Energiepreisen zu rechnen ist.

Fazit: Was raten wir Ihnen?

Die Gesamtsituation ist für Mieter wie für Vermieter momentan auf Grund der hohen Energiepreise schwierig. Gerne würden wir Ihnen rechtliche Lösungen bieten, aber tatsächlich ist in dieser Ausnahmesituation eine menschliche Verständigung unter den Vertragsparteien vorzugswürdig. Das Recht an sich muss letztlich im Streitfall gerichtlich durchgesetzt werden können und allein die momentanen gerichtlichen Verfahrensdauern von 1 bis 1,5 Jahren bringen für Mieter wie für Vermieter nicht die erforderlichen schnellen Problemlösungen.

 Einzige Ausnahme sind einstweilige Verfügungsverfahren: Diese kommen aber nur in dringenden Eilfällen in Betracht, also beispielsweise im vom Amtsgericht Frankfurt a. M. entschiedenen Fall in Betracht oder wenn ihr Vermieter einen anderen, unzumutbaren „pfiffigen“ Energiesparplan umsetzen will, der Ihnen die Nutzung der Wohnung faktisch stark erschwert oder unmöglich macht.

Ihr Team der Kanzlei KAPPUS & BOHNE