Anwaltsblog für Arbeitsrecht in Frankfurt

Eine Abmahnung, Versetzung oder gar die Kündigung – schwierige Situationen für jeden Beschäftigten. Welche Folgen hat eine Abmahnung? Ist die Kündigung überhaupt wirksam? Ist die Kündigungsfrist eingehalten? Wie stehen die Chancen auf eine Abfindung?

Wir haben uns auf solche Fälle spezialisiert. Die Anwälte Kappus und Thedens sind auch Fachanwalt für Arbeitsrecht. Wir sind zur Stelle, wenn in der akuten Konfliktsituation Reaktion und Taktik gebraucht wird. Wir zeigen Ihnen ein konkretes Bild Ihrer Chancen und Risiken und kämpfen für Ihre Rechte am Arbeitsplatz.

Unsere Anwälte für Arbeitsrecht verfügen über umfangreiche Prozesserfahrung in allen Instanzen, vom Amts-, Land- und Oberlandesgerichten sowie Arbeitsgerichten bis hinauf zum Bundesarbeitsgericht. Wir arbeiten gerne an der Lösung Ihres rechtlichen Problems.

Unsere Gebühren richten sich in der Regel nach dem für alle Anwälte gültigen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Wir treffen in Absprache mit Ihnen aber gerne auch individuelle Vereinbarungen im gesetzlich zulässigen Rahmen.

Unsere Leistungen im Arbeitsrecht

Gerne helfen wir bei folgenden Themen:

Coronavirus im Arbeitsrecht

Aktuelle Informationen zum Corona-Virus im Arbeitsrecht

Was Sie als Arbeitnehmer aber auch als Selbständiger oder Freiberufler jetzt wissen müssen:

Erstattung wegen Verdienstausfalls auf Grund Quarantäne

Der Covid 19 Virus verhilft einem bislang weitgehend unbeachteten Gesetz sozusagen zum Durchbruch. Das Infektionsschutzgesetz https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/BJNR10451000 gibt im Falle von Tätigkeitsverboten, z.B. wegen Quarantäne Entschädigungsansprüche für Verdientsausfall.

 

Entschädigung für Arbeitnehmer wegen Corona-Virus

  • Für Arbeitnehmer wird die Entschädigung für die ersten sechs Wochen in Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Vom Beginn der siebenten Woche an wird sie in Höhe des Krankengeldes nach § 47 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt.
  • Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt.

 

Entschädigung für Selbständige und Freiberufler wegen Corona

Auch Selbstständige und Freiberufler gehen im Fall einer Quarantäne nicht leer aus. Sie erhalten ebenfalls nach dem Infektionsschutzgesetz Geld für ihren Verdienstausfall. Diese Entschädigung wird nach den letzten Jahreseinnahmen, die beim Finanzamt gemeldet wurden, berechnet.

Bei einer Existenzgefährdung können den Entschädigungsberechtigten die während der Verdienstausfallzeiten entstehenden Mehraufwendungen auf Antrag in angemessenem Umfang von der zuständigen Behörde erstattet werden. Selbständige, deren Betrieb oder Praxis während der Dauer einer Maßnahme nach Absatz 1 ruht, erhalten neben der Entschädigung nach den Absätzen 2 und 3 auf Antrag von der zuständigen Behörde Ersatz der in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben in angemessenem Umfang.

  • Die Anträge gemäß § 56 IfSG sind innerhalb einer Frist von drei Monaten nach dem Ende der Quarantäne zu stellen.
  • Natürlich ist man verpflichtet, den Schaden möglichst gering zu halten. Wer auch im Homeoffice arbeiten kann, muss dies auch tun.
  • Es muss sich um eine offizielle Quarantäne handeln. Wer begründete Angst hat, sich möglicherweise angesteckt zu haben, sollte also nicht einfach zuhause bleiben und auf eine spätere Erstattung hoffen, sondern einen Arzt oder direkt das Gesundheitsamt konsultieren.

 

Kann Kurzarbeitergeld beantragt werden?

Davon ist auszugehen, es dürfte sich um einen typischer Fall von vorübergehendem Arbeitsmangel handeln. Arbeitgeber und Betriebsrat können in solchen Fällen bei der Bundesagentur für Arbeit aktiv werden und Kurzarbeitergeld beantragen. Sobald es bewilligt ist, endet die Zahlungspflicht des Arbeitgebers.

 

Kann ein Elternteil zu Hause bleiben wenn die Kita geschlossen wird?

Grundsätzlich müssen sich die Eltern um eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit bemühen. Haben sie keinen Erfolg, liegt für einen von ihnen ein Leistungshindernis nach § 275 Abs. 3 BGB vor, da es unzumutbar ist, das Kind allein zu Hause zu lassen.

Zumindest für einige Tage wird ein Elternteil zu Hause bleiben dürfen auch gegen Entgeltfortzahlung. Dann wird es meist auch möglich sein, eine Betreuungsperson zu finden.

 

Wenn Sie konkrete Fragen zu Ihrem Arbeitsverhältnis haben, Rufen Sie uns gerne an.

Pia-Alexandra Kappus
Fachanwältin für Arbeitsrecht

 

 

 

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bei aufeinanderfolgenden Krankheiten

BAG, Urteil vom 11.12.2019, Az: 5 AZR 505/18;

Das Bundesarbeitsgericht hatte folgenden, sehr praxisrelevanten Fall zu entscheiden:

Eine Altenpflegerin war wegen einer psychischen Erkrankung fast vier Monate arbeitsunfähig krankgeschrieben. Im direkten Anschluss an diese Arbeitsunfähigkeit, im Mai 2017 bescheinigte ihre Frauenärztin ihr als „Erstbescheinigung“ eine Arbeitsunfähigkeit wegen einer gynäkologischen Operation sowie per Folgebescheinigung eine fortbestehende Arbeitsverhinderung bis einschließlich Ende Juni 2017. Im Juli 2017 erbrachte die Arbeitnehmerin im Hinblick auf den ihr gewährten Urlaub und Überstundenausgleich keine Arbeitsleistungen mehr und begann eine Psychotherapie bei einem Neurologen. Für die Zeit von Mai bis Juni erhielt sie weder eine Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber, noch Krankengeld von ihrer Krankenkasse. Sie klagte daher 3.400 € Lohnfortzahlung beim Arbeitgeber ein.

Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen, nachdem sie umfassend Beweis erhoben und alle Ärzte der Arbeitnehmerin vernommen hatten.

Der fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschied für den Arbeitgeber:

Nach Auffassung des BAG hätte die Arbeitnehmerin ihrerseits beweisen müssen, dass bei einem so engen zeitlichen Zusammenhang zwischen erster und zweiter Arbeitsunfähigkeit – die erste Arbeitsunfähigkeit bereits bei Eintritt der weiteren Arbeitsverhinderung beendet war. Vorliegend sei dies der Arbeitnehmerin nicht gelungen, da in der umfassenden Beweisaufnahme der Vorinstanz, in der alle Ärzte der Arbeitnehmerin vernommen wurden, nicht festgestellt werden konnte dass die Arbeitsunfähigkeit wegen ihrer psychischen Erkrankung im Zeitpunkt der gynäkologischen Diagnose und Krankschreibung bereits beendet war.

Folgen für die Praxis:

Das Bundesarbeitsgericht überträgt hier dem Arbeitnehmer die Beweislast dafür, dass seine erste Erkrankung bereits beendet war, als die zweite Erkrankung im Wege der Erstbescheinigung eines Arztes festgestellt wurde und zur erneuten Krankschreibung führte.  Nur wenn der Arbeitnehmer das beweisen kann muss der Arbeitgeber für die zweite Krankschreibung erneut sechs Wochen Lohnfortzahlen leisten, selbst wenn die erste Erkrankung schon mehr als sechs Wochen gedauert hatte.

Im Zweifel müssen die behandelnden Ärzte gehört werden und der Arbeitnehmer muss diese von deren Schweigepflicht entbinden.

 

Pia Alexandra Kappus

Fachanwältin für Verkehrsrecht

Was bringt 2020 Neues im Arbeitsrecht..?

Zunächst wünschen wir allen unseren Mandanten einen guten Rutsch

in ein gutes, gesundes und erfolgreiches Neues Jahr.

Bis zum 6. Januar sind wir nur eingeschränkt, von 10.00 – 12.00 Uhr und von 14.00- 16.00

telefonisch für Sie erreichbar.

Danach ist auch unser Anwaltsteam wieder komplett an Bord und wir im Laufe des Jahres voraussichtlich zu folgenden Themen

auf diesem Blog hier Stellung nehmen:

  • zu den neuesten Urteilen des Bundesarbeitsgerichts
  • zur geplanten Anpassung des Mindestlohn
  • zum geplanten Fachkräfteeinwanderungsgesetz
  • zu den praktischen Auswirkungen des EuGH-Urteils zur Arbeitszeiterfassung

und zu allen spannenden Themen, die sich im Laufe des Neuen Jahres ergeben werden.

Wenn der Arbeitgeber sagt Ihr Urlaubsanspruch sei verfallen….

 

…. dann lassen Sie diese Auskunft lieber einmal von einem Fachanwalt einer spezialisierten Kanzlei für Arbeitsrecht überprüfen. So schnell, wie viele Arbeitgeber meinen, verfällt Urlaub nicht.

Erst kürzlich hat der EUGH dazu in einem Urteil festgestellt, dass ein Arbeitnehmer seine erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nicht automatisch deshalb verlieren darf, weil er keinen Urlaub beantragt hat. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber beweist, dass der Arbeitnehmer freiwillig auf seinen Urlaub verzichtet hat, nachdem er ihn tatsächlich in die Lage versetzt habe, rechtzeitig Urlaub zu nehmen ( EuGH v. 6.11.18 Az.: C-619/16 und C-684/16).

Grundsätzlich sollten Sie zum Urlaub folgendes wissen:

  • Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben (4 BUrlG).
  • Beim Eintritt in der zweiten Jahreshälfte oder Ausscheiden in der ersten Jahreshälfte hat der AN Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Nach dem 30.06. eines jeden Jahres hat der AN seinen vollen Jahresurlaubsanspruch. Tarifliche Regelungen können Abweichungen vorsehen
  • -Der Urlaubsanspruch kann, wegen dringender betrieblicher oder in der Person des Arbeitnehmers liegender Gründe (7 Abs 3 BUrlG) bis zum 31.03. des Folgejahres übertragen werden
  • Liegen die Voraussetzungen vor, erfolgt die Übertragung unabhängig davon, ob sie vom AN geltend gemacht wird. Kraft Gesetzes wird der übertragene Vorjahresurlaub dem Urlaub des nachfolgenden Jahres hinzugerechnet

– Wird der Urlaub bis zum 31.3. des Folgejahres nicht gewährt und genommen erlischt er,

es sei denn,

  • der AN war arbeitsunfähig krank. Nach der Rechtsprechung verfällt der Urlaubsanspruch bei weiterhin bestehender Krankheit erst am 31.3. des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres, dh nach einem Übertragungszeitraum von 15 Monaten
  • der AG die Nichterteilung des Urlaubs zu vertreten hat. Dann erlischt zwar der originäre Urlaubsanspruch, aber es entsteht ein Schadensersatzanspruch des AN in gleicher Höhe. Kann dieser wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden, muss eine Entschädigung in Geld erfolgen. Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses;
  • der AN wegen Nichterfüllung der Wartezeit noch keinen vollen Urlaubsanspruch erworben hat. Bisher musste der AN in diesem speziellen Fall die Übertragung ausdrücklich verlangen, ob das auch noch nach dem EuGH -Urteil gilt ist fraglich. Vermutlich erfolgt die Übertragung auch bei Nichterfüllung der Wartezeit automatisch

 

Pia-Alexandra Kappus Fachanwältin für Arbeitsrecht

Update Mutterschutz: Die wichtigsten Änderungen des MuSchG im Überblick

Das Thema „Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie“ fängt für Frauen nicht erst mit der Geburt des freudig erwarteten Nachwuchses an. Vielmehr müssen sich berufstätige Frauen, Auszubildende und Schülerinnen bereits zu Beginn der Schwangerschaft viele Fragen stellen: Wann erzähle ich meinem Chef bzw. Ausbilder von der Schwangerschaft? Wie lange werde ich meinen Job oder meine Ausbildung vor der Entbindung noch ausüben können? Kann ich nach der Geburt wieder zurück auf meinen alten Arbeitsplatz? Und wie sieht es eigentlich mit meiner Lohnfortzahlung kurz vor und nach der Geburt aus?

Auch wenn sich der Großteil der berufstätigen werdenden Mütter zumindest in puncto Entgeltfortzahlung seit Einführung des Mutterschaftsgeldes keine allzu großen Gedanken mehr machen musste, war die bisherige Gesetzeslage für viele Schwangere nichtsdestotrotz keine besonders große Stütze. Das hat sich seit Mitte 2017 zumindest ein bisschen geändert. Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechtes vom 23.05.2017 hat der Gesetzgeber auf die geänderten gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen reagiert und das aus dem Jahre 1952 stammende Mutterschutzgesetz (MuSchG) erstmals weitgehend reformiert.

Ziel des Mutterschutzrechtes ist es, den bestmöglichen Gesundheitsschutz für schwangere und stillende Frauen zu gewährleisten. Frauen sollen auch während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit selbstbestimmt über das „Ob“ und „Wie“ ihrer Erwerbstätigkeit entscheiden können, ohne dass die Gesundheit ihres Kindes gefährdet wird und den Frauen berufliche Nachteile entstehen. Das Mutterschutzgesetz stellt damit ein wichtiges Instrument für die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern im Berufsleben dar.

Hier erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten Änderungen beim Mutterschutz (teilweise bereits schon Mitte 2017 in Kraft getreten, im Übrigen maßgeblich ab dem 01.01.2018):

Ausweitung des Anwendungsbereiches: Das Mutterschutzgesetz gilt nun auch für viele Frauen, die zuvor nicht unter den Anwendungsbereich des MuSchG gefallen sind. Unter anderem können sich nun ausdrücklich auch Schülerinnen, Studentinnen, Praktikantinnen, Mitarbeiterinnen einer geistlichen Genossenschaft und (unter gewissen Einschränkungen) auch Entwicklungshelferinnen auf das MuSchG berufen, beispielsweise wenn sie aufgrund des kurz bevorstehenden Entbindungstermins nicht an einer Prüfung teilnehmen können. Kaum zu glauben, aber nach der alten Rechtslage bestand in diesen Fällen lediglich die Möglichkeit der Krankschreibung.

Weiterhin fallen nun endlich auch Frauen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind unter den Anwendungsbereich des MuSchG.

Verlängerte Schutzfristen: Seit Mai 2017 müssen Arbeitgeber auf Antrag der Mutter eine verlängerte, nachgeburtliche Schutzfrist von zwölf Wochen gewähren, wenn das Kind mit einer Behinderung auf die Welt gekommen ist. Bisher galt diese verlängerte Schutzfrist nur bei Früh- und Mehrlingsgeburten. Darüber hinaus bleibt es bei den allgemeinen Regelungen, dass werdende Mütter in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nur mit ihrer Einwilligung beschäftigt werden dürfen und nach der Entbindung ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot von acht Wochen gilt.

Ausnahme von Beschäftigungsverboten: Das MuSchG sieht außerhalb der Schutzfristen auch generelle Beschäftigungsverbote z.B. bei Akkord-, Fließband-, Mehr-, Sonntags- oder Nachtarbeit sowie individuelle Beschäftigungsverbote aufgrund eines ärztlichen Attests vor. Auch nach den neuen Regelungen darf eine Schwangere oder stillende Frau grundsätzlich nicht zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr beschäftigt werden. Neu ist aber, dass ab dem 01.01.2018 eine Beschäftigung bis 22:00 Uhr zulässig sein kann, wenn neben der Einhaltung des Arbeitsschutzes eine ausdrückliche Einwilligung der werdenden Mutter und eine ärztliche Bescheinigung der Unbedenklichkeit vorliegt. Der Arbeitgeber muss dann einen Antrag bei der Aufsichtsbehörde stellen (staatliche Arbeitsschutz- oder Gewerbeaufsichtsämter). Der Antrag gilt als genehmigt, wenn er nicht innerhalb von sechs Wochen abgelehnt wird.

Wichtig: Entgegen den alten Regelungen dürfen Schwangere zudem jetzt auch nach ausdrücklicher Zustimmung an Sonn- und Feiertagen arbeiten, allerdings muss der Arbeitgeber in diesen Fällen sicherstellen, dass die Frau nicht alleine an ihrem Arbeitsplatz ist.

Gefährdungsbeurteilung des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber muss ab dem 01.01.2018 bei der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsbedingungen alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um die physische und psychische Gesundheit der Schwangeren oder stillenden Frau sowie ihres Kindes zu schützen, wobei das Ziel sein muss, dass werdende Mütter ihre Beschäftigung weiter ausüben können. Beschäftigungsverbote sollen vermieden werden. Für den Arbeitgeber bedeutet dies, dass er jeden einzelnen Arbeitsplatz auf unverantwortliche Gefährdungen hin überprüfen muss. Er muss den betroffenen Frauen zudem ein Gespräch über weitere Anpassungen des Arbeitsplatzes anbieten. Für die beschäftigten Frauen bedeutet dies, dass sie ihren Arbeitgeber so früh wie möglich über die Schwangerschaft unterrichten sollten. Nur wenn der Arbeitgeber von der Schwangerschaft weiß, kann er auch entsprechende Vorkehrungen treffen und auf die Bedürfnisse der Schwangeren eingehen.

Stellt der Arbeitgeber Gefährdungen fest, hat er für jede Tätigkeit einer Schwangeren oder stillenden Frau Schutzmaßnahmen in folgender Rangfolge zu treffen: 1) Umgestaltung der Arbeitsbedingungen, 2) Umsetzung auf einen geeigneten Arbeitsplatz, 3) erst dann ggf. Beschäftigungsverbot.

Besonderer Kündigungsschutz für Frauen nach einer Fehlgeburt: Nach der alten Rechtslage bestand für Frauen, die nach der zwölften Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt hatten, kein besonderer Kündigungsschutz. Auch dieser Missstand wurde durch die Neuregelungen abgeschafft: seit Januar diesen Jahres könne sich auch Frauen, die nach der zwölften Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erlitten haben, auf einen viermonatigen Kündigungsschutz nach der Geburt berufen.

Weiterbeschäftigung nach Ende des Beschäftigungsverbotes: Arbeitgeber müssen Mütter nach dem Ende des Beschäftigungsverbotes entsprechend den bisherigen vertraglichen Vereinbarungen weiterbeschäftigen. Der Arbeitgeber muss daher einen entsprechenden Arbeitsplatz freihalten, wobei dieser Arbeitsplatz lediglich gleichwertig sein muss. Es muss sich nicht unbedingt um den früheren Arbeitsplatz handeln.

Bußgeldvorschriften: Der Bußgeldkatalog im MuSchG wird erweitert. Gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 6 MuSchG handelt ein Arbeitgeber ordnungswidrig, wenn er gegen seine Pflicht zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung verstößt. Wichtig: Diese Regelung tritt  erst ab dem 01.01.2019 in Kraft!

Durch die aufgezeigten Neuregelungen im Mutterschutzrecht wird die Stellung der Frau im Berufsleben erfreulicherweise gestärkt. Werdende Mütter haben nicht nur einen konkreten Anspruch gegenüber ihrem Arbeitgeber auf eine Anpassung des Arbeitsplatzes im Falle möglicher Gefährdungen, sondern sie können darüber hinaus auch mitbestimmen, in welchem Umfang sie ihrer Beschäftigung auch während der Schwangerschaft noch nachgehen wollen. Darüber hinaus ist die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Mutterschutzes auf beinahe alle beschäftigten Frauen ein wichtiger und notwendiger Schritt gewesen.

Sollten Sie schwanger sein oder werden und hierdurch Nachteile an Ihrem Arbeitsplatz befürchten, sprechen Sie uns an. Wir helfen Ihnen weiter und setzten uns mit Nachdruck für Ihre Rechte ein!

Null-Toleranz-Prinzip für sexuelle Belästigungen bei der Arbeit

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem neuen Urteil klargestellt, dass eine sexuelle Belästigung i.S.v. § 3 IV AGG bereits durch die  absichtliche Berührung primärer oder sekundärer Geschlechtsmerkmale eines Anderen vorliegen kann, selbst wenn die sexuelle Motivation der Berührung fehlt .

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war zusammen mit zwei im Betrieb der Bekl. eingesetzten Leiharbeitnehmern bei der Verpackung und Etikettierung von Bandstahlrollen tätig. Einer der Fremdfirmenmitarbeiter meldete zwei Tage später seinem Vorarbeiter, der Kläger habe ihm von hinten schmerzhaft in den Genitalbereich gegriffen und anschließend erklärt: „Du hast aber dicke Eier“.

Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Bekl. das Arbeitsverhältnis fristlos und vorsorglich ordentlich . Die Kündigungsschutzklage des Klägers hat das Arbeitsgericht  abgewiesen, das Landesarbeitsgericht  hat ihr stattgegeben. Das BAG hat die Entscheidung des LAG aufgehoben und den Fall an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts sei der Griff des Klägers in die Genitalien des Leiharbeitnehmers eine sexuell bestimmte körperliche Berührung. Auch die anschließende Äußerung des Klägers, der Leiharbeitnehmer habe „dicke Eier“, sei in diesem Zusammenhang eine entwürdigende Bemerkung sexuellen Inhalts. Das Fehlen eigener sexueller Motive lasse entgegen der Ansicht der Vorinstanz in einer solchen Fallgestaltung für sich genommen nicht den Schluss zu, dem Handelnden fehle das Bewusstsein, eine sexuelle Belästigung zu begehen.

Mit dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass es in der Frage sexueller Belästigung am Arbeitsplatz eine Null Toleranz Maxime verfolgt. Diese Haltung des Bundesarbeitsgerichts ist uneingeschränkt zu begrüßen.

BAG, Urteil vom 29.06.2017 – 2 AZR 302/16

Arbeitsschutz im Sommer-Bekommen Arbeitnehmer hitzefrei?

Um es vorwegzunehmen. Ein Recht auf Hitzefrei gibt es für Arbeitnehmer nicht und Achtung eigenmächtiger Strandlook am Arbeitsplatz kann im Einzelfall zur Abmahnung oder sogar zur Kündigung führen, wenn gleich die meisten solcher Kündigungen unwirksam sind.

 

Grundsätzlich gilt bei Hitzewellen Folgendes:

Aber der Arbeitgeber muss den Arbeitsplatz so gestalten und alle möglichen Schutzmaßnahmen ergreifen, dass Gesundheitsschäden durch Hitze in den Büroräumen ausgeschlossen sind.

  • § 3a ArbStättV Der Arbeitgeber muss den Arbeitsplatz so einrichten, dass keine Gefährdungen durch Hitze vom Arbeitsplatz ausgehen Daher hat er auch bei hohen Temperaturen eine Fürsorgepflicht. Er muss für eine „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur“ sorgen. Nach den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung gilt für Büroräume eine Raumtemperatur von maximal 26 Grad noch als „zuträglich“. Bei Temperaturen darüber muss der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen ergreifen.
  • Als Schutzmaßnahmen kommen in Betracht
  • . Außenjalousien müssen vollständig herabgelassen werden,
  • Blendschutzlamellen an den Fenstern sollten zugezogen werden.
  • Häufiges Lüften ist zudem empfehlenswert, sofern das zum Abkühlen führt. Außerdem sollte der Arbeitgeber Ventilatoren am Arbeitsplatz bereitstellen sowie die Mitarbeiter zwingend auf deren Nutzung hinweisen.
  • Es sind kostenlose Kaltgetränke bereitzustellen; auf die Notwendigkeit erhöhter Flüssigkeitszufuhr ist hinzuweisen.
  • Befinden sich freie Arbeitsplätze in Arbeits- und Pausenräumen mit von der Sonne abgewandter Lage, sind Mitarbeiter – sofern möglich – auf diese zu versetzen.
  • Daneben können den Mitarbeitern weitere Maßnahmen empfohlen werden: z. B. gelegentliches Abkühlen durch Überströmen der Hände/Unterarme mit kaltem Wasser (Waschbecken), Nutzung der Pausen zur Abkühlung und Entspannung.
  • Hitzevorgaben für Arbeiten im Freien?

Das Arbeiten im Freien stellt eine ganz besondere Belastung bei Hitze dar, auch wegen der UV-Strahlen und die Ozonbelastung. Auch die besten Schutzmaßnahmen reichen oft nicht aus, um die Gefahren vollständig einzudämmen. Daher muss hier in jedem Fall eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden, um langfristig Maßnahmen festzulegen.

  • Der Arbeitgeber muss permanent das Befinden der Beschäftigten überprüfen.
  • Bei extremen Temperaturen sollte auf schwere Arbeiten verzichtet oder diese in die frühen Morgenstunden verlegt werden.
  • Der Arbeitgeber sollte Kopfbedeckungen, Sonnenbrillen mit UV-Filter und Sonnenschutzcreme zur Verfügung stellen.
  • Auf Baustellen ist auf ausreichend Beschattung zu achten.
  • Die Arbeitszeiten sind anzupassen, der Arbeitsbeginn kann in die frühen Morgenstunden verlegt werden. Pausen sind einzurichten.

 

Einem besonderen Schutz unterliegen nach § 22 Jugendarbeitsschutzgesetz Jugendliche bei extremen Witterungssituationen.

Wenn der Arbeitgeber kein entsprechendes Konzept für gesundheitsgefährdende Witterungseinflüsse (im Winter auch extreme Minusgrade) hat, kann die Arbeitsleistung im Einzelfall unzumutbar sein.

Bekleidungsvorschriften am Arbeitsplatz

  • Sicherheitsschuhe, Kittel, Helme müssen in jedem Fall auch bei großer Hitze getragen werden.
  • kurze Hosen oder Hawaii-Hemden haben schon zu so manchem Kündigungsschutzprozess geführt. So wollte ein Transportunternehmen einen Geldfahrer kündigen, weil er beim Ausfahren kurze Hosen getragen hatte. Das Gericht sah die Kündigung aber als unberechtigt an da der Mann nicht als Mitarbeiter des Unternehmens erkennbar gewesen sei könne nicht zwingend von einem „negativer Eindruck“ auf Kunden ausgegangen werden.

Ebenso wenig reicht der allgemeine Vorwurf einer „urlaubsmäßigen“ Aufmachung für eine Kündigung. Wer zum Mittel der Kündigung greifen will, muss nach Ansicht der meisten Richter sehr genau auflisten, welche stilistischen Fehlgriffe den Mitarbeiter untragbar erscheinen lassen.

Pia-Alexandra Kappus

Fachanwältin Für Arbeitsrecht

 

 

Wenn Tierliebe den Arbeitsplatz gefährden kann…

 

Das LAG Nürnberg,( Az.5 Sa 59/16 ) hatte zu dieser Thematik folgenden Fall zu entscheiden:

Als der Hund des Klägers einen Schlaganfall erlitt kontaktierte der Kläger seinen Arbeitgeber telefonisch und bat um einen Tag Urlaub. Der Arbeitgeber lehnte dies ab. Daraufhin kam der Kläger trotzdem nicht zur Arbeit und legte auch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für diesen Tag vor. Infolgedessen kündigte der Arbeitgeber innerhalb der Probezeit unter Einhaltung der Zweiwochenfrist. Der Kläger erhob rechtzeitig Kündigungsschutzklage und machte die Sittenwidrigkeit der Arbeitgeberkündigung geltend.

Eine der Schwierigkeiten des Falles für den Arbeitnehmer lag darin, dass er sich im Zeitpunkt der Kündigung noch in der Probezeit befunden hatte. Das Kündigungsschutzgesetz fand also noch gar keine Anwendung und der Arbeitgeber konnte auch ohne Angabe von Gründen kündigen. Allerdings gilt auch während der Probezeit zu Gunsten des Arbeitnehmers das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB.

Hierzu wäre, so das Gericht zumindest erforderlich gewesen, dass der Kläger dargelegt hätte, dass er dem Arbeitgeber nicht nur mitgeteilt hat, dass sein Hund erkrankt sei und ärztlicher Behandlung bedürfe, sondern dass er darüber hinaus explizit mitgeteilt hat, dass eine anderweitige Versorgung des Hundes wie z.B. durch seine Lebensgefährtin nicht möglich war. Darüber hinaus hätte der Kläger den Arbeitgeber informieren müssen, dass die medizinische Versorgung zwingend innerhalb der Arbeitszeit zu erfolgen habe und nicht außerhalb der Arbeitszeit möglich ist. Das alles konnte der Kläger im Prozess nicht beweisen mit der Folge, dass sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht die Kündigung für wirksam erklärt und der Kläger seinen Arbeitsplatz verloren hat.

In solchen Fällen ist vor allem zu raten, dass der Arbeitgeber immer umfassend informiert wird und diese Informationen auch möglichst durch Emails dokumentiert werden.

 

Pia-Alexandra Kappus

Fachanwältin für Arbeitsrecht

 

Muss ich als Arbeitnehmer an Heiligabend und Silvester Urlaub nehmen?

Urlaubstage bzw. Urlaub an Weihnachten?

Sie arbeiten nicht im Einzelhandel oder bei der Feuerwehr? Auch nicht im Krankenhaus, sondern in einem Unternehmen, dass weder an Heiligabend noch an Silvester Kundenverkehr hat oder Nothilfe leisten muss? Und weder Ihr Chef noch Ihre Kollegen arbeiten am 24.12. und am 31.12? Dürfen Sie also auch einfach so zu Hause bleiben?

Die Antwort lautet: Nein! Weder der 24.12. noch der 31.12. sind gesetzliche Feiertage. Wenn Sie also an beiden Tagen frei haben möchten, müssen Sie grundsätzlich jeweils einen ganzen Urlaubstag nehmen. Etwas anderes gilt nur, wenn Ihr Arbeitsvertrag oder ein für Sie geltender Tarifvertrag etwas anderes vorsieht. Häufig finden sich in Tarifverträgen Regelungen, wonach der Arbeitnehmer an Heiligabend und Silvester jeweils nur einen halben Tag Urlaub nehmen muss. Zahlreiche Arbeitsverträge enthalten ähnliche Vereinbarungen. Obwohl das Bundesurlaubsgesetz keine halben Urlaubstage vorsieht, sind solche tarif- oder arbeitsvertraglichen Regelungen zulässig und wirksam – prüfen Sie also, ob das für Sie zutrifft!

Am 25. und 26.12. sowie am 01.01. dürfen Sie dann zu Hause bleiben ohne wertvolle Urlaubstage opfern zu müssen, denn der erste und zweite Weihnachtstag sind, wie auch Neujahr, gesetzliche Feiertage und damit arbeitsfrei.

Pia-Alexandra Kappus
Fachanwältin für Arbeitssrecht Frankfurt

„Generation Facebook“ aufgepasst vor fristloser Kündigung!

Außerordentliche fristlose Kündigung wegen volksverhetzender Äußerungen eines Arbeitnehmers im Internet

Hand aufs Herz: Wie oft waren Sie heute schon online? Und haben Sie vielleicht heute sogar schon den einen oder anderen Beitrag eines Freundes oder Kollegen kommentiert? Egal ob über Facebook, Instagram oder Twitter, die Kommunikation über soziale Medien ist aus unserer Gesellschaft kaum noch wegzudecken. Dass man trotz der hiermit verbundenen Vorteile dennoch kritisch und reflektiert mit den sozialen Medien umgehen sollten, zeigt eine kürzlich ergangene Entscheidung des Arbeitsgerichts Herne vom 22.3.2016 – 5 Ca 2806/15.

Das Gericht hatte über die Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers zu entscheiden, der seit mehr als 32 Jahren beanstandungsfrei als Bergmechaniker im Betrieb seines Arbeitgebers tätig war. Anlass für die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitgebers war ein ausländerfeindlicher Kommentar des Arbeitnehmers im Internet. Auf der Facebookseite des Fernsehsenders n-tv kommentierte er einen Beitrag über einen Brand in einer Asylunterkunft mit dem Titel „Drama in Thüringen: Leiche nach Brand in Asylunterkunft gefunden“ mit den Worten „hoffe das alle verbrennen, die nicht gemeldet sind.“ Auf der Facebookseite des Nachrichtensenders erschien neben dem Kommentar des Arbeitnehmers auch dessen Profilbild auf Facebook sowie dessen Profilname. Sobald andere Besucher der Website des Nachrichtensenders, die ebenfalls auf Facebook angemeldet waren, mit ihrer Maus über das Profil des Arbeitnehmers fuhren, öffnete sich in einem „Pop-up-Fenster“ die Profilseite des Arbeitnehmers, an dessen oberster Stelle der Arbeitgeber genannt war. Der Beitrag des Arbeitnehmers führte zu zahlreichen Reaktionen anderer Besucher der Internetseite. Im Laufe der Kommentierung äußerte der Arbeitnehmer noch wörtlich „wenn mir einer sagt ich bin Nazi…falsch…Herr Nazi“.

Der Arbeitgeber wurde von einer außen stehenden Person auf die Kommentierungen des Arbeitnehmers hingewiesen und stellte Nachforschungen an. Nach einer Anhörung des Arbeitnehmers vor dem Betriebsrat, bei der der Arbeitnehmer die Vorwürfe zugab, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich. Der Arbeitnehmer legte hiergegen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Herne ein, welches die Klage mit Urteil vom 22.3.2016 abwies. Das Gericht erklärte die formell rechtmäßige, außerordentliche fristlose Kündigung für wirksam. Die volksverhetzenden Äußerungen des Arbeitnehmers stellten einen – für eine außerordentliche Kündigung erforderlichen – wichtigen Grund dar, da die Öffentlichkeit sie mit dem Arbeitgeber des die Äußerungen tätigenden Arbeitnehmers in Zusammenhang bringen könne. Insbesondere seien die Kommentare des Arbeitnehmers nicht mehr von dessen Meinungsfreiheit gedeckt. Das Gericht sah in dem Verhalten des Arbeitnehmers einen Verstoß gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechtsgüter des Arbeitgebers.

In weiteren Schritten hatte das Gericht, entsprechend den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zur außerordentlichen Kündigung, schließlich noch über deren Verhältnismäßigkeit zu entscheiden und eine Interessenabwägung vorzunehmen. Das Gericht entschied, dass eine ansonsten erforderliche Abmahnung im vorliegenden Fall entbehrlich gewesen sei, da sich der Arbeitgeber sozial für Flüchtlinge engagiert hatte und der Arbeitnehmer dies auch wusste. Der Arbeitnehmer habe daher nicht ernsthaft annehmen können, dass sein Arbeitgeber die Verbreitung von Hass gegen Flüchtlinge auch nur in einem einzigen Fall hinnehmen würde. Im Rahmen der Interessenabwägung wurde zugunsten des Arbeitnehmers zwar unter anderem seine langjährige beanstandungsfreie Beschäftigungsdauer berücksichtigt, allerdings fiel die Abwägung letztendlich zu seinen Lasten aus. Aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung, insbesondere der dadurch resultierenden Rufschädigung des Arbeitgebers, sei es letzterem nicht zumutbar, den Arbeitnehmer noch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.

Fazit:

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Herne ist im Ergebnis nicht überraschend, da das Gericht die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung konsequent auf den zu entscheidenden Fall angewendet hat. Das Urteil führt jedoch deutlich vor Augen, dass auch in Bezug auf ein bestehendes Arbeitsverhältnis ein reflektierter Umgang mit den sozialen Medien ratsam ist. Äußerungen des Arbeitnehmers im Internet sind zunehmend Gegenstand arbeitsgerichtlicher Kündigungsstreitigkeiten. Im Kern geht es bei den Entscheidungen immer wieder um die Frage nach dem Umgang mit dem Spannungsverhältnis zwischen grundrechtlich geschützter Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers und seiner Loyalitätspflicht gegenüber dem Arbeitgeber.

Aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Herne können Sie sich insoweit folgendes merken:

  1. Als Arbeitgeber müssen Sie keine volksverhetzenden Äußerungen ihrer Arbeitnehmer dulden, sofern diese in Zusammenhang mit Ihrem Betrieb gebracht werden können. Ein solcher Zusammenhang kann auch über die private Nutzung sozialer Netzwerke hergestellt werden.
  2. Eine vorherige Abmahnung des Arbeitnehmers ist auch bei volksverhetzenden Äußerungen nicht grundsätzlich entbehrlich. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitnehmer erkennen konnte, dass sein Arbeitgeber ein solches Verhalten unter keinen Umständen dulden wird oder die Gefahr besteht, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft entsprechende Äußerungen nicht unterlassen wird.

Tips bei fristloser Kündigung

Theresa Baudis
Anwältin für Arbeitssrecht Frankfurt