Online-Zulassung: Ein Selbstversuch
Auch Verkehrsrechtsanwälte werden ab und an selbst in Unfälle verwickelt und erfahren dann welcher bürokratischer Aufwand allein mit der Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs und dessen Zulassung verbunden ist.
„Drei Wochen“ bestätigt der junge dynamische Verkäufer im Autohaus meines Vertrauens, „damit müssen Sie rechnen bis Ihr neues Auto zugelassen ist und ich brauche solange Ihren Ausweis.“
In meinem Kopf rattert es, ich brauche meinen Ausweis eigentlich ganz dringend für eine Reise ins Ausland, die Zulassung durch das Autohaus soll zudem 140 Euro kosten und fast einen Monat dauern. Kein sonderlich guter Deal finde ich.
Dann erinnere ich mich an eine Info, die ich vor ein paar Monaten im Internet auf der Seite der Stadt gelesen habe.
Dort heißt es in nüchternem Beamtendeutsch: „i-KfZ Stufe 4: Mit der internetbasierten Fahrzeugzulassung haben Sie die Möglichkeit, Online-Anträge im Bereich Kfz-Zulassung zu stellen.“
Ich ignoriere, dass es wohl schon mehrere Stufen der Online-Zulassung gab von denen ich nichts mitbekommen habe und lese mich ein wenig tiefer ein.
Es hört sich gar nicht so schwer an, doch der Teufel steckt wie immer im Detail.
Im ersten Schritt muss das Fahrzeug nach dem 01. Januar 2015 zugelassen worden sein, das ist in meinem Fall kein Problem.
In einem Forum finde ich den Hinweis darauf, dass es zudem ratsam ist sich bereits ein Wunschkennzeichen zu reservieren. Das ist online für stolze 2,60 Euro direkt auf der Seite der Stadt möglich. Darüber bekomme ich eine PDF-Datei als Nachweis.
Ich betrachte meinen Ausweis anschließend genauer als so mancher Polizist bei einer Verkehrskontrolle. Denn der Knackpunkt: Die Online-Funktion muss freigeschaltet sein und man muss ein Konto bei der App Bund-ID sowie sein persönliches Passwort dafür bereit haben. Mit all diesen Daten bewaffnet klicke ich mich durch das Online-Formular der Stadt.
Dann brauche ich den Fahrzeugschein und den Fahrzeugbrief. Auf diesen befinden sich Plaketten, die ich frei legen muss. Darunter kommt ein individueller Code zum Vorschein. Diesen muss ich in einem Online-Formular eingeben. Die elektronische Versicherungsbestätigung mit der wichtigen eVB-Nummer eingeben und schließlich auch die Buchstaben-Zahlenkombination des online reservierten Wunschkennzeichens.
Am Ende des Prozess kommt nach Zahlung von 30 Euro eine sogenannte vorläufige Zulassungsbescheinigung zum Vorschein. Diese muss ich ausdrucken und gut sichtbar im Fahrzeug auslegen, sie ist 10 Tage lang gültig. In dieser Zeit darf ich mit ungestempelten Kennzeichen durch die Landen brausen.
Damit marschiere ich zum Schildermacher und lasse mir zwei Nummernschilder machen. Kosten: 17 Euro. Der Mann wünscht mir eine gute erste Fahrt.
Und die unternehme ich direkt im Anschluss. Man will ja schließlich wissen, was das neue Fahrzeug so kann. Prompt werde ich von einer Polizeistreife hinter mir aus dem Verkehr gezogen. Dem freundlichen Beamten erkläre ich warum ich mit ungestempelten Kennzeichen unterwegs sein darf und weiter geht es.
Als nach rasanter Kurvenfahrt in der Eifel die belgische Grenze auftaucht, bin ich mir nicht so ganz sicher wie das mit Auslandsfahrten ist und beschließe es lieber sein zu lassen bis auf die andere Seite zu fahren. Einem deutschen Polizisten das Ganze erklären zu müssen reicht mir für heute.
Nach einigen Tagen erhalte ich dann Post. In dem Paket befinden sich zwei Landesplaketten sowie die TÜV-Plakette sowie der neue Fahrzeugschein und der neue Fahrzeugbrief.
Als ich gerade alle Plaketten an den Nummernschildern angebracht habe, beschleicht mich das Gefühl etwas vergessen zu haben. Und tatsächlich: Wo ist denn die grüne Plakette? Die schickt die Behörde nicht mit. Das beschert mir eine Fahrt zum TÜV wo ich gegen Vorlage des Fahrzeugscheins eine Plakette für sechs Euro bekomme.
Auf der Rückfahrt rechne ich im Kopf überschlagsmäßig zusammen. 20 Euro für Wunschkennzeichen und Schilderdruck, 30 Euro für die eigentliche Anmeldung des Fahrzeugs und 6 Euro für die TÜV-Plakette machen also Kosten von unter 60 Euro. Das ist um mehr als die Hälfte günstiger als der Preis im Autohaus – und mehr oder minder direkt losfahren durfte ich auch noch.
Das Internet, es ist auch bei der Zulassung also längst kein Neuland mehr, sondern eine echte Chance, jedenfalls aus meiner Sicht als Privatmann. Als Anwalt frage ich mich, wie lange es dauern wird bis ich die ersten Schreiben gegnerischer Versicherer erhalte, mit der Kürzung von Nutzungsausfallzeiten unter Hinweis auf die digitale Zulassung des Ersatzfahrzeugs im Internet .
Noah Kappus
Rechtsanwalt